Der Neue setzt aufs Gesundschrumpfen

Harry Roels ist entschlossen, RWE von unrentablen Beteiligungen zu befreien

Endlich ist er da. Seit Anfang Februar leitet Harry Roels den RWE-Konzern, zunächst für einen Monat gemeinsam mit Vorgänger Dietmar Kuhnt. Den wilden Spekulationen der letzten Monate muss er jetzt ein Ende setzen und das Unternehmen wieder aus den negativen Schlagzeilen bringen. Zwar hat der Konzern erfolgreich international expandiert. Dafür drückt ihn eine Schuldenlast von 26 Mrd. Euro, der Börsenkurs ist eingebrochen und an Rhein und Ruhr sorgen Gerüchte über den Abbau Tausender Arbeitsplätze für Unruhe. Der neue Chef verspricht deshalb erst einmal Konsolidierung: „Wir müssen das Beste aus dem herausholen, was wir jetzt haben.“

Die vergangenen beiden Jahre haben RWE mehr Veränderungen beschert als die gut 100 vorangegangenen Jahre seines Bestehens. Die Anfänge der Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke enthalten alle Zutaten einer typischen Ruhrgebiets-Story: 1898 wurden sie gegründet, um Essen mit Strom zu versorgen. 1902 stiegen die Industriellen Hugo Stinnes und August Thyssen als Aktionäre ein, ab 1905 konnten sich die Kommunen des wachsenden Versorgungsgebietes am Unternehmen beteiligen.

Sie halten bis heute 35 Prozent der RWE-Aktien – und sorgen dafür, dass bei aller internationaler Ausrichtung die Interessen ihrer Region im Blick bleiben. Für die Pläne eines Vorstandsvorsitzenden ist das manchmal eine Belastung. Noch ist offen, ob Roels in diesem Interessengeflecht die Oberhand behält.

Roels ist Niederländer und kommt vom holländisch-britischen Ölmulti Shell, wo er auch Wulf Bernotat kennen gelernt hat, den künftigen Chef des Konkurrenten Eon. Roels war schon im Mai letzten Jahres zum Nachfolger von Kuhnt gekürt worden. Seitdem hatten Spekulationen Hochkonjunktur: Wie wird der nötige Konzernumbau unter ihm aussehen? Ist Roels gar der Türöffner für eine Übernahme durch Shell?

Klar ist, dass Roels die Bemühungen seines Vorgängers fortsetzen wird, sich von wenig rentablen Randaktivitäten wie den Beteiligungen am Baukonzern Hochtief und am Druckmaschinenhersteller Heidelberger Druck zu trennen. Der Fokus liegt auf dem Energiegeschäft.

Mit dem Kauf von Thames Water und American Water Works ist RWE weltweit zur Nummer drei der Wasserversorger aufgestiegen. Sollte es gelingen, auch noch Gelsenwasser zu kaufen, das Eon für die Übernahme der Ruhrgas abgeben muss, wäre auch der größte deutsche Wasserversorger in seinem Besitz.

Beim Gas punktete RWE vor allem durch die Übernahme des tschechischen Importeurs Transgas und einiger Regionalgesellschaften in Tschechien. Durch die Fusion mit der Dortmunder VEW im Jahr 2000 gelangte auch die ehemalige Westfälische Ferngas in den Besitz von RWE. Heute führt sie als RWE Gas dieses Geschäftsfeld des Konzerns.

Der letzte große Coup im klassischen Stromgeschäft war die Übernahme des britischen Versorgers Innogy im vergangenen Jahr. Zum Multi-Utility-Konzept rechnet RWE außerdem das Geschäft mit Abfall und Entsorgung. In dieser breiten Aufstellung, sagt Roels, sei RWE für die Zukunft gut gerüstet – auch mit Blick auf Eon, den großen Konkurrenten in Düsseldorf.

Zitat:

„Wir müssen das Beste aus dem herausholen, was wir jetzt haben“ – Harry Roels, RWE-Chef.

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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