Deutschlands drittgrößter Versicherer meldet hohen Verlust “ Erwartungen für 2003 vorsichtig optimistisch
Von Herbert Fromme, Köln Einen hohen Verlust meldet Deutschlands drittgrößte Versicherungsgruppe für 2002. Die AMB Generali in Aachen, die zur italienischen Generali-Gruppe gehört, musste wegen der Börsenflaute 2,5 Mrd. Euro auf Aktien und Beteiligungen abschreiben. Der Konzern rechnet mit einem Verlust nach Steuern von 235 Mio. Euro – im Vorjahr hatte er noch einen Gewinn von 362 Mio. Euro erzielt. EuroZur Verschlechterung um 597 Mio. Euro trug neben dem Börsendebakel auch die Welle von Naturkatastrophen bei, vor allem Sommerflut und Stürme.
Trotzdem zahlt der im MDax gelistete Konzern eine unveränderte Dividende von 1,35 Euro pro Aktie. Die Triester Muttergesellschaft, die 64,8 Prozent hält, hat wohl zu wenig Spielraum, um auf die Ausschüttung zu verzichten. Weiterer Großaktionär ist die Allianz mit 9,5 Prozent.
Die Kunden sind dagegen direkt betroffen: Beeinflusst von den schlechten Finanzzahlen – die Nettoerträge aus Kapitalanlagen verschlechterten sich um sage und schreibe 4,2 Mrd. Euro auf einen Verlust von 928 Mio. Euro – fuhr die AMB die Gesamtleistungen für ihre Kunden um drastische 36,1 Prozent von 10,7 Mrd. Euro auf 6,8 Mrd. Euro zurück. Einzelheiten nannte der Konzern nicht, vor allem die Inhaber von Lebensversicherungspolicen dürften betroffen sein.
Die AMB Generali habe schon für 2002 Abschreibungsregeln angewandt, die nach dem International Accounting Standard erst ab 2003 verbindlich sind, erklärte die AMB. Offenbar will Konzernchef Walter Thießen, der im Februar 2002 das Zepter übernahm, in seinem ersten Jahresabschluss Altlasten auskehren.
Aber auch nach dem bilanziellen Kraftakt sind nicht alle Probleme beseitigt: Trotz der 2,5 Mrd. Euro Abschreibungen bleiben „stille Lasten“ von rund 1 Mrd. Euro. Der Konzern hat also Aktien und Beteiligungen mit einem Wert in den Büchern, der um 1 Mrd. Euro über dem Marktwert vom 31. Dezember 2002 liegt. Durch das weitere Abrutschen der Märkte seit Jahresanfang wird dieser Wert inzwischen noch höher liegen. Er wirkt sich negativ auf das Ergebnis für 2003 aus, wenn es nicht zu einer kräftigen Erholung der Aktienmärkte kommt. Trotzdem rechnet Thießen mit einem „positiven Konzernergebnis vor Steuern“ für 2003.
Für die Wachstumsstrategie des Konzerns dürfte das Ergebnis deutliche Folgen haben. Thießen hatte öffentlich angekündigt, dass die AMB mit Übernahmen von Wettbewerbern ihren Marktanteil von jetzt rund acht Prozent ausbauen will. Dafür ist zurzeit das Geld aber eher knapp.
Das selbst erwirtschaftete Wachstum der Gruppe flachte 2002 ab. Die Prämieneinnahmen stiegen um 4,2 Prozent, im Vorjahr waren es noch 6,7 Prozent. Einschließlich der Prämien für fondsgebundene Lebensversicherungen und der Riester-Verträge verbuchte die Gruppe 11,6 Mrd. Euro Einnahmen, verglichen mit 11,2 Mrd. Euro im Vorjahr. Vor allem die Lebensversicherer legten zu. Mit 580 000 Riester-Verträgen, die in erster Linie die Vertreter der Vertriebsorganisation Deutsche Vermögensberatung an den Mann brachten, erzielte die AMB einen Marktanteil von knapp 20 Prozent. Allerdings ist das Riester-Geschäft in den ersten Jahren nicht sehr profitabel.
In der Schaden-und Unfallversicherung steigerte sich die Gruppe um 3,4 Prozent auf 3,9 Mrd. Euro. Jedoch stiegen die Leistungen um 13 Prozent auf 2,5 Mrd. Euro, vor allem wegen der Naturkatastrophen. Die Schadenquote verschlechterte sich entsprechend um 5,1 Punkte auf 75,1 Prozent der Beiträge. Die Kostenquote wollte ein Unternehmenssprecher nicht nennen – sie dürfte aber nur wenig unter den 30,5 Prozent für 2001 liegen. Zusammen kommt der Konzern damit auf eine Schaden-und Kostenquote von 105 Prozent, ein kräftiges Defizit im eigentlichen Versicherungsgeschäft.
Im Jahr 2003 will die AMB-Gruppe deutlich schneller als der Markt wachsen, für den der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft rund drei bis vier Prozent Zuwachs erwartet. Allerdings soll das Geschäft im Schaden-und Unfallbereich weiter saniert werden, hier werde es weniger Wachstum geben, aber eine bessere Qualität.
Das Hauptgebäude der Aachener und Münchener Lebensversicherung – Cover Sport/Bernd Lauter.
Quelle: Financial Times Deutschland
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