Marktführer profitiert von Branchenkrise “ FTD-Interview mit Vorstandschef Gerhard Rupprecht
Von Herbert Fromme und Sven Clausen, Stuttgart Die Allianz Leben nutzt die aktuellen Probleme vieler Lebensversicherer dazu, ihren Marktanteil auf Kosten der Konkurrenz auszubauen. Schon 2002 hatte der Marktführer in Deutschland mit einem Zuwachs von 30 Prozent im Neugeschäft seinen Anteil von 15,1 auf 18,3 Prozent gesteigert.
Für 2003 strebt die Allianz Leben erneut zweistelliges Wachstum an, sagte Vorstandschef Gerhard Rupprecht im Interview mit der FTD. „Die Allianz hat den Ruf, konservativ zu sein. Das hilft uns, ebenso wie unsere finanzielle Stärke“, sagte Rupprecht.
Das überdurchschnittliche Wachstum soll vor allem aus der Vertriebskraft der 12 000 Allianz-Vertreter kommen, den Maklern und zudem den Bankpartnern Dresdner und Geno-Banken. Die Dresdner Bank steigerte 2002 die Vermittlung von Lebenspolicen um 45 Prozent und trug zwölf Prozent zum Neugeschäft der Allianz Leben bei, nach acht Prozent im Vorjahr. „Hier sind auf Dauer 20 Prozent locker möglich“, sagte Rupprecht. Von den Geno-Banken kamen sechs Prozent. Große Hoffnungen setzt er auch auf die betriebliche Altersversorgung, die 2002 um 37 Prozent zulegte. Makler spielen hier eine bedeutende Rolle. Ihr Anteil am Gesamtvolumen stieg von zehn auf 15 Prozent.
Übernahmen lehnt der Allianz-Manager nicht prinzipiell ab. „Wenn ein Unternehmen zum Verkauf steht, schauen wir uns das natürlich an.“ Passen müssten vor allem der Vertrieb und die Kundengruppen. „Es gibt aber keine Strategie des Wachstums durch Übernahmen.“ Vor allem müsse man die Kosten genau abschätzen. „Da bleibt es nicht beim Kaufpreis und den möglicherweise nötigen Maßnahmen, um den Bestand der Kapitalanlagen zu sanieren. Dazu kommen erhebliche Kosten, um die EDV zu integrieren.“ Ohne diese Zusammenführung sei eine Übernahme nicht sinnvoll.
Obwohl die Allianz von der Schwäche vieler Wettbewerber profitiert, will Rupprecht von einer Krise der Branche nichts wissen. „Das Wort Krise impliziert, dass Unternehmen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können.“ Das sei nicht der Fall. Alle Lebensversicherer könnten mit den laufenden Zinseinnahmen die den Kunden zugesagte Mindestverzinsung erreichen. Krisenszenarien wie die der Rating-Agentur Fitch seien ohne Gespräche mit den sachkundigen Aktuaren deutscher Lebensversicherer zustande gekommen.
Auch die Allianz Leben leidet unter der Börsenflaute. Genaue Zahlen will das Unternehmen am 3. April nennen. Doch schon jetzt steht fest, dass hohe Abschreibungen im Milliardenbereich das Ergebnis beeinflussen werden. Rupprecht ist deshalb nicht beunruhigt. Es sei die natürliche Aufgabe der Lebensversicherer, Schwankungen bei den Kapitalerträgen über die Zeit auszugleichen. „Wir hatten am Jahresende immer noch Bewertungsreserven auf unsere Aktien“, sagte er. Im Herbst 2002 hatte Rupprecht in einem Interview erklärt, bei einem Dax-Stand von 3200 seien die Bewertungsreserven aufgezehrt. „Die Äußerung wurde missverstanden. Ich bezog mich modellhaft auf den Dax als Index. Unser eigenes Portfolio hat eine ganz andere Zusammensetzung, wir haben insbesondere viele ausländische Aktien.“ Außerdem habe die Allianz Bewertungsreserven bei den festverzinslichen Papieren.
Das Unternehmen hat als Folge des Börsencrashs seine Anlagepolitik verändert. Die Aktienquote stand Ende 2001 nach Buchwert noch bei 20 Prozent, inzwischen bei zwölf Prozent – vor allem wegen der Wertverluste der Aktien. Auch künftig werde die Allianz Leben in Aktien investieren, aber Anlagen in Euro-Unternehmensanleihen und durch Private-Equity-Finanzierungen forcieren.
Unzufrieden ist Rupprecht mit dem Riester-Geschäft. Statt der angepeilten 1,3 Millionen Verträge verkaufte die Allianz bis heute 618 000. Jetzt drohe auch noch Chaos wegen der schwer verständlichen Anträge auf staatliche Förderung. Die Riester-Rente sei kein Flop, allerdings seien dringend Modifizierungen nötig. Er sei zuversichtlich, dass die Politik das erkannt habe.
Zitat:
„Wir hatten am Jahresende immer noch Bewertungsreserven auf unsere Aktien“ – Gerhard Rupprecht
Bild(er):
Gerhard Rupprecht leitet die Allianz Leben und sitzt im Konzernvorstand – Graffiti/Joachim E.Roettgers (2).
Quelle: Financial Times Deutschland
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