Haftpflichtverband der Deutschen Industrie und der angeschlagene Versicherer kündigen Absichtserklärung “ Scheu vor Risiken in Leben-Sparte
Von Herbert Fromme, Köln Der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI) und die Aktionäre des Gerling-Konzerns Rolf Gerling und Deutsche Bank haben ihre Gespräche über den Verkauf des Kölner Versicherers nach sechs Monaten beendet. Die Absichtserklärung vom 23. Oktober 2003 wurde gekündigt.
„Nach eingehender Prüfung verschiedener Alternativen konnten sich die Gesprächspartner auf keine die beiderseitigen Vorstellungen in Deckung bringende Lösung verständigen“, erklärte der HDI in einer dürren Pressemitteilung. Gerling stößt in dasselbe Horn: „Die Verhandlungspartner konnten unterschiedliche Auffassungen über die Zukunft des Gerling-Konzerns nicht beilegen.“ Nach Angaben aus verhandlungsnahen Kreisen scheute der HDI vor allem die Risiken aus der Gerling Leben, bei der wie bei den meisten Lebensversicherern erheblicher Abschreibungsbedarf vorhanden ist.
„Der HDI hat in seinem bestehenden Lebensgeschäft schon jetzt genügend Probleme“, hieß es. Außerdem habe es keine vollständige Einigung über Finanzierung und Preis gegeben. Der HDI wollte nur in Aktien der Zwischenholding Talanx und des Rückversicherers Hannover Rück bezahlen, an der er 75 Prozent hält.
Für den Gerling-Konzern kommt die Absage nicht unerwartet. Das Interesse von HDI-Chef Wolf-Dieter Baumgartl wurde in den letzten Wochen am Kölner Gereonshof als „nur noch lauwarm“ bezeichnet. Die Probleme des zweitgrößten deutschen Industrieversicherers bleiben jetzt genauso ungelöst wie vor den HDI-Gesprächen. „Gerling erlangt wieder Flexibilität für alternative Konzepte“, erklärte der Konzernvorstand unter Björn Jansli zwar.
Aber ein ernsthafter Interessent, der die gesamte Gerling-Gruppe oder größere Teile übernimmt, ist nicht in Sicht. Auch Private-Equity-Finanzierer wie das A3-Konsortium um die Frankfurter Axcit scheinen nur noch Interesse an Teilen des Gerling-Konzerns oder der Verwertung von Portefeuilles zu haben. Damit ist A3 nicht allein: Verschiedene Banken, Finanzunternehmen und Versicherer sind an Abwicklung von Geschäftsteilen oder der Übernahme von Markennamen und Mitarbeitergruppen interessiert. Die Gerling-Gruppe als Ganzes kaufen möchte jedoch niemand. „Das hat schon den Geruch von Leichenfledderei“, sagte ein Versicherer.
Das Gerling-Management dagegen sieht die Gruppe noch lange nicht am Ende. Der Industrieversicherer Gerling-Konzern Allgemeine (GKA), der einen hervorragenden Ruf und viel Unterstützung in der Industrie hat, könnte außerhalb der Gerling-Gruppe gut existieren. „Ohne die Probleme der Holding könnten wir auf Stand-Alone-Basis gut ein Rating von,A-‚ erreichen“, sagte ein Manager. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) hatte im Februar ihre Beurteilung der operativen Gerling-Töchter GKA und Gerling-Konzern Leben (GKL) von „BBB“ auf „BB+“ abgesenkt. Das macht es für Großkunden zunehmend schwieriger, Risiken bei Gerling zu platzieren.
Bei denaktuellen Baustellen der Konzernleitung gibt es momentan wenig Fortschritte. Zwar hat das Verwaltungsgericht Frankfurt in der vergangenen Woche ein Verbot der Finanzaufsicht BAFin aufgehoben, mit dem die Aufseher den umstrittenen Verkauf des tief defizitären Rückversicherers Gerling Globale Rück (GGR) an den Manager Achim Kann blockierten. Aber mit ihrem Ziel, die GGR aus der Konzernbilanz zu entfernen, kommt Jansli bisher nicht voran, weil er das Votum ausländischen Aufsichtsbehörden abwartet.
Auch der Verkauf des Kreditversicherers Gerling NCM, für den sich der Minderheitsaktionär Swiss Re interessiert, ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Gerling, Deutsche Bank und Swiss Re diskutieren noch Finanzierungs-und Strukturdetails.
Zitat:
„Gerling erlangt wieder Flexibilität für alternative Konzepte“ – Konzernchef Björn Jansli.
Quelle: Financial Times Deutschland
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