Umstrittene Prüfung von der Assekuranz selbst entwickelt
Von Herbert Fromme, Köln Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat seine Mitglieder aufgefordert, die Ergebnisse der von der Finanzaufsicht BaFin geforderten Stresstests nicht als Waffe im Wettbewerb einzusetzen.
Mit dem Test wird gemessen, ob die Gesellschaften bei einem extremen Crash noch genügend Mittel haben, um alle Kundenansprüche jederzeit bedecken zu können. Das Szenario A geht von einem Kursrückgang der Aktien um 35 Prozent und einem gleichzeitigen Rückgang der Rentenwerte um 10 Prozent aus, der weichere Test B von Rückgängen um 20 Prozent und 5 Prozent. Mehrere Gesellschaften haben den Test nicht bestanden, dazu gehören Axa, Gothaer und Victoria Leben. Andere wollen keine Auskunft geben. Wer nicht besteht, muss der BaFin Maßnahmen zur Änderung der Situation darlegen, andere Folgen gibt es nicht.
Mit Recht sieht der GDV die Gefahr, dass der Test zu einem wichtigen Argument im harten Konkurrenzkampf werden könnte. Dabei hat er eine Reihe von methodischen Mängeln. So liegt die Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Eintretens beider Trends unter 0,1 Prozent. Absicherungen oder Hedges, die ein Versicherer gegen einen weiteren Fall seiner Aktienbestände gekauft hat, werden nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie Bewertungsreserven bei Namenspapieren.
Trotzdem ist die Kritik der Versicherer an dem Stresstest der BaFin sehr leise. Das hat seinen guten Grund: Der Test mit all seinen Mängeln wurde von der Assekuranz unter Federführung der Allianz Leben selbst entwickelt und vom GDV in langen Verhandlungen mit der BaFin durchgesetzt.
Wer nicht besteht, erhält mit dem Test ein frühes Warnsignal, mehr nicht. Viele Gesellschaften, bei denen das der Fall ist, sind in Schwierigkeiten – manche von denen, die den Test bestehen, aber auch.
Viel durchschlagender für die unmittelbare Zukunft der Branche sind die stillen Lasten in Milliardenhöhe, die viele Unternehmen mitschleppen und die sich in der Bilanz 2003 katastrophal auswirken werden, wenn die Aktienmärkte bis Jahresende nicht dramatisch zulegen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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