Chef der Münchener Rück tritt ab

Hans-Jürgen Schinzler wechselt zum Jahresende in den Aufsichtsrat. Sein Nachfolger Nikolaus von Bomhard tritt ein schweres Erbe an

Von Tim Bartz, Hamburg, und Herbert Fromme, Köln Der langjährige Vorstandschef der Münchener Rück, Hans-Jürgen Schinzler, hat gestern überraschend seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt. Künftig soll Nikolaus von Bomhard den weltgrößten Rückversicherer führen.

Der 46-Jährige gehört dem Konzernvorstand seit drei Jahren an und verantwortet die Regionalbereiche Nord-, West-und Südeuropa sowie Lateinamerika. Seine Ernennung war auch für viele Mitarbeiter der Münchener Rück eine faustdicke Überraschung.

Analysten begrüßten den Wechsel zu Bomhard. „Es wird keinen Strategiewechsel geben, aber der neue Mann wird die nötigen Anpassungen der Strategie leichter vornehmen können“, sagte Frank Stoffel von WestLB Panmure.

Der 62-jährige Schinzler gehört zu den wenig bekannten, dafür aber umso mächtigeren Firmenchefs in Deutschland, dessen Konzern über ein fast undurchschaubares Beteiligungsgeflecht die Finanz-und Industriepolitik mitgestaltete. Seit 1981 Vorstandsmitglied, leitet Schinzler seit 1993 die Geschicke des Finanzriesen. Er soll jetzt Chef des Aufsichtsrates werden.

Wie die gesamte Finanzbranche kämpft auch die Münchener Rück mit schweren Problemen. Sie verdient im Kernfeld Rückversicherung zu wenig Geld und hat mit Beteiligungen an der angeschlagenen HypoVereinsbank (HVB) und der Commerzbank schlechte Geschäfte gemacht. Der Konzern hat sich bei seinen Aktieninvestments verhoben. Ende des Jahres 2001 waren 33 Prozent der gigantischen Kapitalanlagen der Gruppe in Aktien investiert. Entsprechend anfällig war die Münchener Rück für die Folgen des Börsencrashs.

Anfang des Monats musste sich die Münchener Rück über zwei Anleihen rund 3,4 Mrd.Euro von Anlegern holen, um die strengen Anforderungen der Rating-Agenturen an die Kapitalausstattung von Rückversicherern noch zu erfüllen. Gerüchte über weitere Maßnahmen, womöglich eine Kapitalerhöhung, reißen nicht ab.

Sichtbarster Ausdruck der Misere ist der Börsenkurs der Münchener Rück: Von 391 Euro im November 2000 fiel die Aktie unter 90 Euro. Gestern allerdings legte die Aktie 8,7 Prozent auf 87,25 Euro zu.

Schinzler verlasse den Vorstand auf eigenen Wunsch „entsprechend der längerfristigen Planung“, teilte der Konzern mit. Für seinen Wechsel in den AR muss Schinzler – ähnlich wie Ex-HVB-Chef Albrecht Schmidt vor vier Monaten – vom Registergericht auf diese Position bestellt werden. Normalerweise werden die Aufsichtsratsmitglieder von der Hauptversammlung gewählt.

Mit Schinzlers Abtreten schreitet der Verjüngungsprozess in der deutschen Finanzbranche voran. Die HVB mit Dieter Rampl und die Deutsche Bank mit Josef Ackermann anstelle von Rolf-E. Breuer hatten bereits im vergangenen Jahr neue Chefs erhalten.

Ähnlich überraschend wie Schinzler hatte Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle Mitte Dezember 2002 seinen Rücktritt als Vorstandschef angekündigt. Sein Nachfolger Michael Diekmann soll auf der heutigen Allianz-Hauptversammlung in sein Amt eingeführt werden.

Zitat:

„Der Neue kann die nötigen Anpassungen leichter vornehmen“ – WestLB-Analyst Frank Stoffel

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www.ftd.de/muenchener-rueck .

Quelle: Financial Times Deutschland

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