Sparkassenversicherer vor Fusionswelle

Verbandschef erwartet von Verhandlungen süddeutscher Unternehmen Signalwirkung für ähnliche Überlegungen in NRW

Von Herbert Fromme, Münster Der Vorsitzende des Verbandes öffentlicher Versicherer, Heiko Winkler, erwartet eine Fusionswelle unter den Sparkassenversicherern. Die operieren bislang stark zersplittert. Der Anstoß komme von den bereits geplanten Fusionen in Süddeutschland, sagte Winkler, der im Hauptberuf die Westfälische Provinzial mit Sitz in Münster führt. Dort verhandeln die Sparkassenversicherer in Baden-Württemberg und Hessen-Nassau-Thüringen über einen Zusammenschluss, der schon zum 1. Januar 2004 wirksam werden soll. „Die Gespräche in Süddeutschland sind offenbar auf gutem Wege. Das wird auch hier manchen zum Nachdenken bringen“, sagte Winkler.

Die Sparkassenversicherer bilden mit 15 Mrd. Euro Prämieneinnahmen die zweitgrößte Gruppe im deutschen Versicherungsmarkt, in vielen Regionen sind sie Marktführer – die Westfälische Provinzial etwa versichert mehr als 40 Prozent aller Häuser in ihrer Region.

Die Sparkassenversicherer kooperieren zwar in der Rückversicherung und anderen Teilgebieten, Bemühungen zu Großfusionen sind in der Vergangenheit aber fast immer gescheitert. Kommen die Gesellschaften in Baden-Württemberg und Hessen-Nassau-Thüringen zusammen, die ohnehin schon eng mit der Versicherungskammer Bayern kooperieren, entsteht ein süddeutsches Machtzentrum bei den Sparkassenversicherern. Das dürfte sehr schnell auch zu Zusammenschlüssen im Norden führen.

In Nordrhein-Westfalen hatten die rechtlich unabhängigen Provinzial-Gruppen in Münster und Düsseldorf vor zwei Jahren erfolglos Verhandlungen geführt. Seit deren Scheitern konzentrieren sie sich auf Kooperationsprojekte, vor allem in der EDV. „Ob es zu einem Zusammenschluss kommt, ist nicht Sache des Vorstandes, nicht Sache des Landes, sondern Sache der Eigentümer“, sagte Winkler. Sein Unternehmen gehört zu je 50 Prozent den westfälischen Sparkassen und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, dem Zweckverband der Kommunen.

Eine neue Struktur, die Voraussetzung für eine Fusion wäre, hat sich die Provinzial Münster bereits Anfang 2002 gegeben. Eine Holding bündelt jetzt den Konzern, der vor allem aus einem Lebensversicherer und einem Schaden-und Unfallversicherer besteht. Die neue Struktur wurde im vorigen Jahr sofort auf eine harte Probe gestellt. Wegen der hohen Belastung aus der Börsenkrise musste die neue Holding frisches GeldEuro in den Lebensversicherer einschießen, um einen Verlust von 188 Mio. Euro auszugleichen. Als direkten Zuschuss zahlte die Holding 88 Mio. Euro, außerdem flossen 100 Mio. Euro über Genussrechtskapital des Lebensversicherers, das die Holding zeichnete.

„Wir konnten das alles mit Gruppenmitteln regeln“, sagte Winkler. Die Anteilseigner der Holding mussten nicht eingreifen, sondern erhielten eine Ausschüttung von 8 Mio. Euro. Trotz der dringend nötigen Mittelzufuhr an die Lebenstochter erzielte die Holding einen Gewinn vor Steuern von 79 Mio. Euro, sagte Winkler. Eine Bilanz für die Holding oder den Gesamtkonzern wollte er jedoch der Presse nicht vorlegen – die sei zumindest im ersten Jahr zu verwirrend.

Die Provinzial Lebensversicherung habe 2002 „reinen Tisch“ bei ihren Aktienengagements gemacht, sagte Vorstand Rainer de Backere. Abschreibungen, Verkaufsverluste und Absicherungskosten beliefen sich zusammen auf stolze 508 Mio. Euro. „Aber wir haben keinerlei stille Lasten gebildet und die Aktien auf den Marktwert am 31. Dezember voll abgeschrieben“, sagte de Backere. Deshalb stehe das Unternehmen zumindest ebenso gut da wie mancher Wettbewerber, der zwar optisch gute Zahlen vorweise, aber hohe stille Lasten vor sich herschiebe.

„Ich finde es beunruhigend, wenn mancher Versicherer seinen Kunden hohe Überschussbeteiligungen gutschreibt, aber gleichzeitig gewaltige stille Lasten hat“, sagte Winkler. Die Provinzial Münster schreibt für 2002 den Kunden 4,3 Prozent gut, nach 6,8 Prozent im Vorjahr. „Wahrscheinlich können wir diesen Wert auch 2004 halten“, sagte de Backere.

Zitat:

„Ob es zu einem Zusammenschluss kommt, ist Sache der Eigentümer“ – Verbandschef Heiko Winkler über eine mögliche Fusionswelle unter öffentlichen Versicherern.

Quelle: Financial Times Deutschland

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