E U-Zwist um Sitz der Finanzkontrolleure · Streit mit London wegen Bankenbehörde · Paris erhebt Ansprüche
Von Herbert Fromme, Köln, und Birgit Jennen, Brüssel Die Bundesregierung rüstet sich für den Streit in der EU um die Frage, wo die künftige europäische Versicherungsaufsicht ihren Sitz haben soll. Zwar hoffen sie und große Teile der Finanzdienstleistungsbranche immer noch darauf, dass die als wichtiger angesehene europäische Bankenaufsicht ihre Zelte in Deutschland aufschlägt – dann würde die Regierung kaum Ansprüche auf den Sitz der Versicherungsaufsicht stellen.
Allerdings schwinden die Chancen dafür. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel stoßen auf Widerstand vor allem bei den Briten. Premier Tony Blair will die obersten Hüter über die Gesundheit des europäischen Bankensystems in London angesiedelt sehen.
„Selbst wenn die Bankenaufsicht nach London gehen sollte, müsste Deutschland für den Sitz der Versicherungsaufsicht kämpfen“, heißt es in Berlin. Einen Automatismus gebe es nicht. Wo das europäische Versicherungsaufsichtskomitee angesiedelt wird, hat weitreichende Konsequenzen: Der rechtliche Rahmen und die Usancen des Gastgeberlandes wirken sich auf das Vorgehen der Aufsicht aus – und positiv auf die Branche dieser Nation.
Ansprüche kommen neben Deutschland aus Frankreich und Osteuropa. Schon seit Jahrzehnten haben die europäischen Versicherungsaufseher ein Sekretariat in Paris, das vom französischen Staat finanziert wird. Daraus leiten Regierung und Aufsicht in Paris den Anspruch ab, dass auch das Sekretariat der neuen Körperschaft an der Seine sitzen müsse.
Allerdings hat die Wertpapieraufsicht Committee of European Securities Regulators (CESR) ihren Sitz bereits in Paris. Die Ansiedlung des zweiten von drei Top-Aufsichtsausschüssen würde in der EU kaum auf Beifall stoßen.
Dagegen könnten die neuen EU-Mitglieder nach der Osterweiterung darauf dringen, bei der Sitzvergabe berücksichtigt zu werden. „Warschau als Sitz der Versicherungsaufsicht ist ein durchaus Ernst zu nehmender Vorschlag“, sagte ein Insider.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte jüngst beim Treffen der Versicherungskontrollbehörden aus der EU und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) das Thema ausgeklammert. Nun steht es frühestens auf ihrer nächsten Konferenz, die für Ende des Jahres in Griechenland geplant ist, auf der Tagesordnung – sofern vorher der politische Kuhhandel zwischen den Regierungen abgeschlossen ist.
Allerdings werden sich die Versicherungsaufseher dann nicht mehr im gewohnten Rahmen treffen. Mitte Mai hatten die Behördenchefs übergangsweise das „Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors“ (Ceiops) gegründet – das Komitee der Europäischen Aufsichtsbehörden über Versicherer und betriebliche Altersversorgung. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Lösung im Rahmen des Lamfalussy-Prozesses.
Der Expertenausschuss unter Namensgeber Alexandre Lamfalussy hatte vor zwei Jahren den Vorschlag für die Reform der Finanzmarktaufsicht in der EU erarbeitet. Die Interim-Ceiops wird von den belgischen, deutschen, dänischen, französischen und britischen Behörden geleitet, den Vorsitz hat Dänemark. Künftig soll es einen hauptamtlichen Generalsekretär geben.
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Wie beim Memory: Welche Paare zusammenpassen, ist derzeit noch offen – Schapowalow/Koserowsky; BilderBox.com; Achim Sperber.
Quelle: Financial Times Deutschland
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