Verwaltungsratschef von Credit Suisse sieht lange Krise
Von Herbert Fromme, Köln Die gegenwärtige Krise der Assekuranz ist so gravierend, dass die europäischen Versicherer ihre Geschäftsmodelle dringend und mit weitreichenden Konsequenzen überprüfen müssen. Das sagte Walter Kielholz, der langjährige Vorstandschef der Swiss Re, auf einer Veranstaltung der europäischen Versicherervereinigung CEA in Paris.
Kielholz sprach als Vorsitzender der Geneva Association, einer versicherungswissenschaftlichen Vereinigung. Er ist seit Anfang 2003 Verwaltungsratschef des Credit Suisse und Vize im Verwaltungsrat der Swiss Re.
Kielholz nannte drei Trends, die zu den globalen Problemen der Branche führten: die gigantische Vernichtung von Kapital und Kapitalanlagen durch den Aktiencrash und zahlreiche Unternehmenspleiten, die hohen Katastrophenschäden durch Terrorismus und Naturgewalten und die Bedrohung durch langfristige Haftungsrisiken.
„In der Lebensversicherung ist die Situation besonders prekär“, sagte Kielholz. Viele Marktteilnehmer seien unter Druck, weil sie ihren Kunden zu hohe Verzinsungen garantiert hätten. „Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Eigenkapitalausstattung.“ Das traditionelle Geschäftsmodell vieler Lebensversicherer müsse genau überprüft werden. Kunden machten sich Sorgen über die Finanzkraft der Branche. „Das könnte leicht zu hohen Kündigungsquoten führen.“
In der Schaden-und Unfallversicherung sei nach dem Verfall der Kapitalmärkte klar, dass der Gewinn aus dem technischen Versicherungsgeschäft kommen müsse. Die Schaden-Kosten-Quote müsse unter 100 Prozent der Beitragseinnahmen liegen. Davon sei die Branche auch nach Preiserhöhungen nach dem 11. September 2001 weit entfernt. „Das Jahr 2002 produzierte keine besseren Zahlen als die schlechten Ergebnisse der weichen Marktphase Ende der 90er Jahre“, sagte er. Im Unterschied zu damals fehlen aber die ausgleichenden Kapitalerträge.
Kielholz befürchtet Schadenwellen aus zwei Richtungen: Naturkatastrophen nehmen in Anzahl und Ausmaß zu. Gleichzeitig schwappe die Anspruchskultur aus den USA in das europäische Rechtssystem. Anwaltskosten machten schon ein Drittel der Haftpflichtzahlungen in Großbritannien aus. Die in der EU fortschreitende Umkehr der Beweislast bereite den Boden für Schadensersatzansprüche, die Europa genauso gefährlich und unversicherbar machen könnten wie die USA.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo