Die Botschaft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) war deutlich: Wie die Behörde gestern mitteilte, wird die Übertragung der Verträge der Mannheimer Lebensversicherung auf die Auffanggesellschaft Protektor „unverzüglich vorbereitet“ – keine einfache Aufgabe, die Mannheimer hat immerhin 340 000 Verträge. Protektor existiert dagegen bisher nur als Handelsregistereintrag. Zwangsläufig beginnt die Branche nun mit dem Aufbau der Infrastruktur für Protektor. „Wir wollten uns aber ohnehin unabhängig davon auf den Ernstfall vorbereiten und ein Drehbuch entwickeln“, sagte Klaus-Wilhelm Knauth, Geschäftsführer im Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Aufsichtsratsmitglied von Protektor.
Eigentlich sollte die Auffanggesellschaft ein reines Placebo für besorgte Kunden und die Öffentlichkeit werden. Protektor ist im Handelsregister eingetragen, operativ existiert die Gesellschaft bislang aber nicht. Wenn es nach dem Willen ihrer Gründer gegangen wäre, hätte sich daran auch nichts geändert.
Lange forderten Verbraucherschützer die Einrichtung einer Auffanggesellschaft für Lebensversicherer nach dem Modell des Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken. Doch die Assekuranz wehrte sich vehement gegen ein solches Sicherheitsnetz. Lebensversicherer seien per se sicher, eine Auffanggesellschaft deshalb überflüssig, hieß es über Jahre. Tatsächlich ist in der Bundesrepublik noch nie ein Lebensversicherer Pleite gegangen – immer fand sich ein Konkurrent, der die Not leidende Gesellschaft übernahm. Auch beim ersten Opfer der aktuellen Krise der Lebensversicherer, der Detmolder Familienfürsorge, funktionierte das alte Modell: Ihr Bestand ging auf die HUK Coburg über.
Börsenkrise und Niedrigzinsphase machen der Branche aber derart zu schaffen, dass die BaFin nicht mehr an die Krisenfestigkeit des Modells glaubt. Auf ihren Druck hin entwickelte der GDV im August 2002 das Konzept für die Protektor.
Die Idee: Kann ein Versicherer seine Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen, überträgt er Bestand und Kapitalanlagen auf die Auffanggesellschaft. Tätig wird sie nur, wenn Maßnahmen der BaFin nicht greifen und sich kein Versicherer findet, der das angeschlagene Unternehmen übernimmt. Neugeschäft darf Protektor nicht einholen. „Protektor will kein großer Lebensversicherer werden“, sagte Knauth. Ziel sei es, Bestände zu verwalten, zu sanieren und zu verkaufen. „Theoretisch haben wir das gelöst, praktisch noch nicht.“
Für die Kunden ändere sich nichts, sagte Knauth. Er rät, die Verträge nicht zu kündigen. Die Mannheimer zahlt ohnehin nur noch den Garantiezins. „Kündigt der Kunde nicht, hat er gute Chancen, in absehbarer Zukunft höhere Zinsen zu bekommen“, sagte Knauth. Erwirtschaftete Gewinne müssten zu 90 Prozent an die Kunden weitergegeben werden.
Zehn Unternehmen haben Protektor gegründet, darunter die Allianz Leben und die Münchener-Rück-Töchter Hamburg Mannheimer und Victoria. „Versicherer, die nicht bereit sind, bis zu einem Prozent ihrer Kapitalanlagen an Protektor zu übergeben, dürfen nicht Mitglied im GDV sein“, sagte GDV-Präsident Bernd Michaels. Bis auf die Öffentliche Leben in Potsdam haben alle Versicherer schon Verpflichtungserklärungen für Protektor unterzeichnet – damit kann die Auffanggesellschaft Kapital von bis zu 5,2 Mrd. Euro mobilisieren.
Anja Krüger und Herbert Fromme
Quelle: Financial Times Deutschland
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