Verband kritisiert fehlenden Wettbewerb · Gesetzliche Kassen begrüßen dagegen neuen Arbeitsentwurf
Von Ilse Schlingensiepen, Köln Die privaten Krankenversicherer (PKV) haben den Arbeitsentwurf des Gesundheitsministeriums für die Gesundheitsreform hart kritisiert. Die Absicherung des Zahnersatzes über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bleibe die Regel, der Wechsel in die Privatwirtschaft die Ausnahme. „Von fairem Wettbewerb kann keine Rede mehr sein“, sagte Christian Weber, Geschäftsführer des PKV-Verbands.
In ihren Eckpunkten zur Gesundheitsreform hatten sich Koalition und Opposition verständigt, den Zahnersatz ab 2005 aus dem GKV-Leistungskatalog zu streichen und seine obligatorische Absicherung dem „fairen Wettbewerb“ von GKV und PKV zu überlassen. Das Krankengeld soll ab 2007 allein von den Versicherten getragen werden, als Leistung aber in der GKV bleiben.
Diese beiden Bereiche beziffert der Arbeitsentwurf, der mit der BMGS-Spitze noch nicht abgestimmt ist, mit einem Beitragssatz von 0,8 Prozent. Diese Kosten müssen künftig allein von den Versicherten getragen werden – zusätzlich zum normalen Krankenversicherungsbeitrag. Sie sollen laut Gesetzentwurf maximal 27, 60 Euro pro Monat betragen.
Wer den Zahnersatz privat absichern will, zahlt nur 0,5 zusätzliche Beitragspunkte an die gesetzliche Kasse. Die Entscheidung für die PKV ist dabei für immer bindend. Die PKV-Unternehmen müssen sich verpflichten, einen „brancheneinheitlichen Standardtarif“ für Zahnersatz anzubieten. Sie müssen darüber hinaus alle Versicherten annehmen und auch Härtefallregelungen vorsehen.
„Das ist nur eine Scheinausgliederung und entspricht nicht dem Konsenspapier“, kritisierte PKV-Verbandsgeschäftsführer Weber. Von fairem Wettbewerb könne keine Rede mehr sein. Sonst müssten sich auch die gesetzlichen Kassen den privatwirtschaftlichen Bedingungen unterwerfen.
Mit den kalkulierten 0,3 Beitragssatzpunkten lasse sich der Zahnersatz in der GKV überhaupt nicht abdecken, sagte Weber. Das bedeute also Subventionen aus den anderen GKV-Bereichen. Kontrahierungszwang und Härtefallregelungen hätten nichts mit den Kalkulationsprinzipien der PKV zu tun. „Ich gehe davon aus, dass die Parteien über diese Frage noch verhandeln müssen.“
Freude herrschte dagegen bei den gesetzlichen Kassen. Für Eckart Fiedler, Vorstandsvorsitzender der Barmer Ersatzkasse, sind die Regelungen zum Zahnersatz die „optimalste Lösung für die Versicherten“. „Die Absicherung bleibt unter dem Dach der GKV, solidarisch finanziert und für den Versicherten kalkulierbar“, sagte der Chef der größten Kasse. Gleichzeitig hätten Versicherte die Möglichkeit, in die PKV zu wechseln. „Sie müssen entscheiden, wo es besser für sie ist“, sagte Fiedler.
Die neuen Möglichkeiten der Kassen, freiwillig Versicherten Tarife mit Selbstbehalt oder Beitragsrückerstattung anzubieten, werde die Barmer prüfen. „Wenn die Kunden solche Angebote wünschen, werden wir uns dem nicht verschließen“, so Fiedler. Bonusmodellen zur Belohnung gesundheitsbewussten Verhaltens steht die Barmer positiv gegenüber. Sie hat bereits einen entsprechenden Tarif dem Bundesversicherungsamt zur Prüfung vorgelegt.
Auch Alfred Jensen, Vorstandsvorsitzender der Novitas Vereinigte BKK und der BKK KM Direkt, begrüßt die neuen Freiheiten. „Wir werden die Möglichkeiten voll ausschöpfen, um unseren Versicherten maximalen Spielraum zu gewähren“, sagte er.
Ansonsten stoßen die Pläne zur Gesundheitsreform bei Jensen auf wenig Gegenliebe. „Die Versicherten zahlen immer mehr und bekommen immer weniger.“ Gleichzeitig hätten sie zu wenig Entscheidungsmöglichkeiten, kritisiert er. Wenn man den Zahnersatz aus dem GKV-Katalog herausnehme, mache es keinen Sinn, ihn zu einer Pflichtversicherung zu machen, sagte Jensen. „Die Versicherten müssten entscheiden können, ob sie überhaupt eine solche Deckung wollen.“ Den Kassen sollte es jetzt freigestellt werden, ob sie den Zahnersatz allein oder in Kooperation mit der PKV anbieten, so Jensen.
Für eine Stellungnahme zum Entwurf sei es zu früh, sagte ein Sprecher des AOK-Bundesverbands. Dass die Gesundheitsreform den Patienten Belastungen bringe, sei nicht neu.
Bild(er):
In einem Dentallabor wird Zahnersatz bearbeitet. Die Regierung feilt noch an der finanziellen Absicherung – AP/Hermann J. Knippertz.
Quelle: Financial Times Deutschland
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