Erste Schätzungen sehen niedrigen Milliardenschaden
Von Herbert Fromme, Köln Fabriken haben während des Stromausfalls nicht produziert, der Finanzsektor konnte nicht handeln, Restaurants servierten nicht. Lebensmittel im Wert von Millionen Dollar sind verrottet. Der volkswirtschaftliche Schaden des Stromausfalls wird viele Milliarden umfassen. Aber zahlreiche Firmen und Privatleute werden auf den Schäden sitzen bleiben und vergeblich auf Zahlungen der Versicherer hoffen.
Die Wallstreet-Analysten der Investmentbank Fox-Pitt Kelton, die zur Swiss Re gehört, schätzen den versicherten Gesamtschaden aus dem Stromausfall der vergangenen Woche auf unter 3 Mrd. $ – deutlich weniger als die Schäden, die ein kräftiger Tornado oder eine andere kleine Naturkatastrophe anrichten.
Auch die Versicherungsunternehmen selbst gehen von niedrigen Zahlungen für den Stromausfall aus. Nach Angaben eines Sprechers der Hannover Rück, die einen großen Teil ihrer Prämien in den USA einnimmt, enthalten Betriebsunterbrechungspolicen Selbstbehaltsklauseln. In der Regel müssen Unternehmen die Kosten für die ersten 8, 24 oder 72 Stunden Unterbrechung – je nach Vertragstext – sowie einen individuell festgelegten finanziellen Selbstbehalt selbst tragen. Ähnlich äußerte sich das branchennahe Insurance Information Institute (III) in New York. „Auf Grund früherer Erfahrungen erwarten wir nur einen moderaten Schaden“, sagte ein Sprecher. Für eine genaue Bezifferung sei es zu früh. Auch unter privaten Hausratpolicen werde es kaum zu Auszahlungen kommen. In der Mehrzahl der Verträge seien Schäden, die aus Stromausfall herrühren, ausgeschlossen. Selbst wenn sie eingeschlossen sind, lägen die Schäden aus abgetauten Kühlgeräten selten über dem Selbstbehalt, der durchschnittlich 500 $ beträgt.
Anwälte warnten Unternehmen und Verbraucher allerdings davor, zu früh aufzugeben. Es lohne sich, die Policen genau zu lesen, sagte Anwalt David Steuber der „New York Times“. „Es ist durchaus möglich, dass die Police eine solche Deckung enthält.“
Als 1977 ein Stromausfall zu einer 25-stündigen Zwangspause für New York führte, belief sich der versicherte Schaden nach III-Angaben auf 2 Mio. $ – allerdings kosteten Zerstörungen in den anschließenden Unruhen 28 Mio. $.
Seitdem haben sich die versicherten Werte deutlich erhöht. Außerdem haben mehr Unternehmen solche Policen abgeschlossen. Es ist zudem wahrscheinlich, dass Geschädigte versuchen werden, Stromlieferanten zur Verantwortung zu ziehen, die ihrerseits Haftpflichtdeckungen haben. Experten erwarten gerichtliche Auseinandersetzungen, die sich über Jahre hinziehen könnten – sowie einen sprunghaften Anstieg im Verkauf neuer Betriebsunterbrechungspolicen durch die Assekuranz.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo