Regierung entlastet Versicherer

Besteuerung von Aktienverlusten wird gestrichen · Eichel verzichtet auf mehr als 5 Mrd. Euro

Von Herbert Fromme, Köln, und Jens Tartler, Berlin Die Bundesregierung ändert auf Druck der Versicherungswirtschaft das Steuerrecht, um eine milliardenschwere Sonderbelastung der Lebens-und Krankenversicherer zu beseitigen. Experten rechnen für 2003 mit einer Steuerentlastung der Assekuranz von 5 bis 10 Mrd. Euro. Die Neuregelung würde die Ergebnisse vieler Versicherer in diesem Jahr schlagartig verbessern.

Die Bundesregierung reduziert so die Gefahr, dass neben der Mannheimer Lebensversicherung weitere Gesellschaften wegen des Börsencrashs kollabieren.

Nach Informationen der FTD wird für die Unternehmen das Halbeinkünfteverfahren aufgehoben, und dies rückwirkend zum 1. Januar 2003. Das 2000 verabschiedete Recht hat für Lebens-und Krankenversicherer die ungewollte Nebenwirkung, dass sie bei Verlusten aus Aktien höhere Steuern zahlen. Machen sie hingegen Gewinne an den Börsen, verbuchen sie steuerlich automatisch Verluste.

Von der Neuregelung der Besteuerung dürfte die Münchener Rück mit etwa 750 Mio. Euro profitieren. Statt des ausgewiesenen Verlustes von 603 Mio. Euro für das erste Halbjahr hat der Versicherer nach der neuen Rechtslage sogar einen leichten Gewinn erzielt. Zur Münchener Rück gehören die Lebensversicherer Hamburg-Mannheimer, Victoria und Karlsruher. Auch andere Versicherer mit hohen Verlusten aus Aktien profitieren von der Gesetzesänderung. Dazu gehören Allianz, AMB Generali und Axa.

Der Gesetzentwurf wurde vergangenen Freitag an die Finanzexperten von SPD und Grünen verschickt. Vorgespräche zwischen den Fraktionen hatte es schon gegeben, sodass keine großen Änderungen zu erwarten sind. Am Mittwoch wird der Entwurf vom Finanzausschuss des Bundestages behandelt, bevor er dann am kommenden Freitag vom Bundestag verabschiedet werden soll. Die CDU-Fraktion und die CDU-Länder haben Zustimmung signalisiert.

Die Bundesregierung hatte bereits im März eine Neuregelung im Sinne der Assekuranz zugesagt, dann aber angesichts des hohen Einnahmeausfalls ihre Ansicht geändert. Der erneute Sinneswandel geht auf intensive Lobbyarbeit der Versicherer zurück sowie auf die Einsicht, dass ein unverändertes Steuerrecht zu weiteren Pleiten von Lebensversicherern führen würde.

Die Vorsitzende des Finanzausschusses, die Grünen-Politikerin Christine Scheel, sagte der FTD: „Das ist ein guter Kompromiss. Das Steueraufkommen sinkt nicht, auf der anderen Seite wird verhindert, dass Versicherungen in die Insolvenz rutschen.“

Bernd Michaels, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), begrüßte die Änderung. „Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.“ Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: Finanzminister Hans Eichel will die Änderung nur rückwirkend zum 1. Januar 2003 einführen und nicht, wie von der Assekuranz gefordert, Anfang 2001. „Damit werden Gesellschaften bestraft, die 2002 brav abgeschrieben haben und Steuern auf die Verluste zahlen mussten“, sagte Michaels der FTD.

Nach internen Berechnungen des Finanzministeriums führt eine Ausweitung der Neuregelung auf 2002 zu weiteren Einnahmeausfällen von 2 Mrd. Euro – eine Zahl, die von den Versicherern bestritten wird.

Auch die Zahl von 5 bis 10 Mrd. Euro Mindereinnahmen 2003 will der GDV nicht stehen lassen – aus Furcht, das Gesetz könnte noch scheitern. Allerdings hatten neben unabhängigen Experten auch Topmanager der Branche von 5 bis 10 Mrd. Euro Zusatzbelastung gesprochen.

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Von der Neuregelung des Steuerrechts profitieren Versicherer mit hohen Aktienverlusten: Deren Steuerentlastung 2003 wird auf 5 bis 10 Mrd. Eurogeschätzt

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Quelle: Financial Times Deutschland

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