Münchener Rück zapft erneut Aktionäre an

Weltmarktführer bittet Eigner um weitere 3,8 Mrd. Euro · Bizarrer Streit mit Rating-Agentur Standard & Poor’s beigelegt

Von Herbert Fromme, Köln Die Münchener Rück bittet ihre Aktionäre um mindestens 3,8 Mrd. Euro frisches Kapital. Wie der weltgrößte Rückversicherer am Freitag mitteilte, bietet er für sieben bestehende Aktien zwei neue Papiere zum Preis von mindestens 75 Euro an – ein Abschlag von 23 Prozent auf den Schlusskurs vom Donnerstag.

Die Kapitalerhöhung wird von einem Konsortium unter Führung der Deutschen Bank garantiert. Im Mai hatte die Münchener Rück ihre Kapitalbasis durch die Ausgabe nachrangiger Anleihen bereits um 3,4 Mrd. Euro verbessert.

Die Rückversicherungsbranche profitiert zurzeit von stark gestiegenen Preisen. Dafür brauchen die Unternehmen aber auch eine stärkere Kapitalausstattung. Gleichzeitig leiden sie unter der Aktienkrise. Die Münchener Rück hat wegen ihrer großen Lebensversicherungstöchter mehr Probleme als andere. Das schlägt sich negativ auf die Beurteilung durch Rating-Agenturen nieder.

Vorstandschef Hans-Jürgen Schinzler begründete die Maßnahme in einer Telefonkonferenz denn auch mit der robusten Verfassung des Marktes. „Eine verbreiterte Kapitalbasis ermöglicht es uns, zusätzliche Ertragschancen wahrzunehmen und selektives Wachstum auf Erfolg versprechenden Märkten zu finanzieren.“ Die US-Tochter American Re soll 300 Mio. $ erhalten.

Die defizitäre Erstversicherungsgruppe Ergo soll kein frisches Geld erhalten. Zu Ergo gehören Victoria, Hamburg-Mannheimer, DAS und DKV. Kapitalmaßnahmen seien hier nicht geplant, auch keine Zukäufe im In-oder Ausland, sagte Schinzler. „Wir haben erst einmal eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen.“

Die Münchener Rück reagierte mit dem jüngsten Schritt auch auf Druck der Rating-Agenturen. Nikolaus von Bomhard, der am 1. Januar 2004 die Führung des Konzerns übernimmt, tritt jetzt unbelastet vom Streit mit der Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) sein Amt an. S&P begrüßte die Kapitalerhöhung. Hoffnungen auf eine sofortige Verbesserung des ungeliebten Ratings „A+“ kann sich die Münchener Rück aber nicht machen. S&P teilte mit, der Schritt entspreche den langfristigen Erwartungen, „dass sich die Kapitalausstattungsquote des Konzerns bis zum Ende 2004 auf ein einem Rating der „AA“-Kategorie angemessenes Niveau verbessert“.

Am 27. August hatte die Agentur die Münchener Rück von „AA-“ auf „A+“ herabgestuft – für einen global agierenden, international führenden Rückversicherer eine gefährlich schlechte Bewertung. Einer der Kritikpunkte war die nach Ansicht der Analysten zu geringe Kapitalausstattung des Unternehmens. Es antwortete damals darauf mit einer Serie von Stellungnahmen, nach denen es sehr wohl ausreichend Risikokapital zur Verfügung habe.

Dennoch wird das Kapital nun erhöht. Es habe keinen Sinneswandel gegeben, sagte Schinzler. „Wir wollten den Fahrplan selbst bestimmen.“ Der Zeitpunkt für eine Kapitalerhöhung sei richtig. Der Kurs der Münchener-Rück-Aktie sei weniger schwankungsanfällig als vor zwei Monaten.

Offenbar nimmt die Münchener Rück auch Rücksicht auf die Situation von Großaktionärs und Partner HypoVereinsbank, selbst wenn der Rückversicherer dies nicht bestätigt. Vor zwei Monaten wäre die Bank kaum in der Lage gewesen, sich ohne große Schmerzen an der Kapitalerhöhung zu beteiligen.

Schinzler gab zu, dass die Auseinandersetzung mit S&P für das Geschäft und den Aktienkurs der Münchener Rück nicht förderlich war. „Es muss uns daran gelegen sein, nicht jeden dritten Tag in der Zeitung zu stehen.“ Auf die unterdurchschnittliche Kursentwicklung der Münchener-Rück-Aktie habe sich eine etwaige Kapitalerhöhung bereits niedergeschlagen. „Verunsicherung ist Gift für die Kapitalmärkte.“ Die Kunden habe die Diskussion ebenso verunsichert. Das sei angesichts der angelaufenen Verhandlungen über die Verträge für 2004 ungünstig, sagte Schinzler.

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„… und die Taschen voller Geld“: Wie in dieser Montage der „Walking Man“, der vor einem Bürohaus der Münchener Rück in der bayerischen Landes-hauptstadt steht, stärkt sich das Unternehmen mit frischem Kapital, das es sich bei seinen Aktionären borgt – Argum/Christian Lehsten; BilderBox.com/Erwin Wodicka; FTD-Montage

Weiterer Bericht Seite 18.

Quelle: Financial Times Deutschland

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