Von Herbert Fromme, Köln Die Münchener Rückversicherung erwartet für 2003 einen Verlust nach Steuern. Das wäre ihr erstes negatives Jahresergebnis seit 1906, als das Unternehmen einen hohen Schaden aus dem Erdbeben von San Francisco zahlen musste. Der Konzern nannte die hohe Steuerbelastung und die fortdauernde Belastung durch die Aktienmärkte als Grund.
Anleger und Analysten befriedigte die Erklärung ebenso wenig wie die Zukunftsplanung des Managements. Nach einer Telefonkonferenz mit Analysten brach die Aktie der Münchener Rück regelrecht ein. Sie beendete den Handel gestern mit einem Minus von 7,22 Prozent bei 94,91 Euro.
Erst Anfang November hatte der Konzern durch eine Kapitalerhöhung 4 Mrd. Euro bei Anlegern eingesammelt. Die damalige Begeisterung der Märkte erhielt durch die gestrigen Zahlen einen empfindlichen Dämpfer. Zwar zeigte der Weltmarktführer zum ersten Mal seit dem ersten Quartal 2002 wieder einen Gewinn. Der lag aber deutlich unter den Erwartungen. Außerdem musste der Konzern mitteilen, dass er für das Gesamtjahr trotz Verbesserungen im operativen Geschäft nach Steuern mit einem Verlust rechnet.
Die Münchener Rück leidet unter der Börsenkrise und der steuerlichen Sonderbelastung für Lebens- und Krankenversicherer. Zur Gruppe gehören unter anderem die Hamburg-Mannheimer, die Victoria und die DKV. Sie alle hatten sich mit hohen Aktienengagements an der Börse verspekuliert. Außerdem mussten sie wegen der ungewollten Folgen der Unternehmenssteuerreform, die zu Sondersteuern auf Aktienverluste führen, noch zusätzliche Rückstellungen bilden. Auch die Änderung der Steuerregeln, die zurzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verhandelt wird, brächte der Münchener Rück kein positives Nettoergebnis für das laufende Jahr.
Analysten waren auch enttäuscht von den zu geringen Fortschritten im operativen Ergebnis. Der Markt für Rückversicherungsschutz ist so positiv wie seit Jahren nicht mehr – ein Zustand, der nicht mehr lange andauern dürfte. Wenn ein Rückversicherer in einer solchen Phase nicht deutlich mehr verdient als die Münchener Rück heute, werde er es in den kommenden schwierigeren Zeiten nicht leicht haben, sagten Experten.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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