Von Herbert Fromme, Köln Die Victoria Lebensversicherung wird den meisten ihrer Kunden 2004 nur noch 3,3 Prozent auf den Sparanteil ihrer Prämienzahlung gutschreiben. Das bestätigte ein Sprecher der Zwischenholding Ergo, über die die Münchener Rück die wichtigsten Erstversicherungstöchter kontrolliert.
Für 2003 erhielten die Kunden noch 4,5 Prozent, 2002 sogar 6,3 Prozent und in den Jahren davor regelmäßig 7,02 Prozent. Möglich waren diese hohen Gutschriften trotz sinkender Zinsen nur, weil die Victoria viel in Aktien investierte und daraus die fehlenden Gewinne zog. Das wurde ihr in den letzten beiden Jahren zum Verhängnis. Der Börsencrash erwischte das Unternehmen deutlich stärker als viele Konkurrenten. Der Branchendienst map-report errechnete bei der Victoria Leben für 2002 eine echte Nettorendite auf die Kapitalanlagen von minus 4,27 Prozent, also eine Kapitalvernichtung in dieser Höhe.
Der niedrige Zins gilt nicht für alle Kunden: Wer seinen Vertrag zwischen 1987 und 1993 abgeschlossen hat, erhält garantiert 3,5 Prozent. Denn so hoch war in den Jahren der so genannte Rechnungszins, den die Versicherer für die gesamte Laufzeit der Verträge garantierten. Für Verträge mit Abschlussdaten von 1994 bis 1999 gibt es 4 Prozent. Aber auch diese Werte sind deutlich niedriger als die Zuschreibungen der Vorjahre.
Besonders betroffen sind Victoria-Kunden mit Policen aus den Jahren vor 1987 und ab 2000. Für sie beträgt die Garantie nur 3 Prozent beziehungsweise 3,25 Prozent.
Kaum konkurrenzfähig
Mit dem Wert von 3,3 Prozent dürfte das Unternehmen in vielen Marktsegmenten kaum noch konkurrenzfähig sein. Das weiß auch das Management. Deshalb will es im Neugeschäft gegensteuern. Für neue Verträge sollen 2004 immerhin noch 3,4 Prozent gutgeschrieben werden. Für sofort beginnende Rentenversicherungen gegen Einmalbeitrag gibt es sogar 4 Prozent. Sonst hätte sich die Victoria aus diesem Markt wohl verabschieden müssen.
Die Absenkung wird vor allem im Vertrieb des Traditionsversicherers für Unruhe sorgen. Die Victoria hatte in den neunziger Jahren Markanteile verloren – von 3,7 Prozent auf 3,4 Prozent – und das in einem Kraftakt zwischen 2000 und 2002 wieder aufgeholt. Mit den neuen Werten wird sie erneut unter Druck geraten. Auch bei der Muttergesellschaft Münchener Rück, die ohnehin zur Zeit ihre Erstversicherungstöchter kritisch betrachtet, stößt die Nachricht auf wenig Begeisterung.
Das Victoria-Management kann auf die erwartete allgemeine Reduzierung der Gewinnbeteiligung bei fast allen Lebensversicherern verweisen. Deren Ankündigungen für 2004 stehen weitgehend noch aus. Die Absenkung wird wohl um 0,5 Prozentpunkte ausmachen. Damit läge der Durchschnitt bei rund 4 Prozent – deutlich über der Victoria.
Quelle: Financial Times Deutschland
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