Steuer-Beschluss des Vermittlungsausschusses wendet Milliarden-Last für Branche ab

Von Herbert Fromme, Frankfurt Mit großer Vorsicht hatc die Assekuranz gestern auf die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses zur Besteuerung von Gewinnen und Verlusten aus Aktien reagiert. Mit ihrer Hauptforderung, der Ausweitung der Entlastung auf die Jahre 2001 und 2002, hat sich die Versicherungswirtschaft durchgesetzt. Sehr gut leben kann die Branche nach Aussagen von Versicherungs-Managern auch mit der von Regierung und Opposition im Vermittlungsverfahren vereinbarten Einschränkung, dass nur 80 Prozent der Erträge oder Verluste von der Neuregelung betroffen sind. Die Manager wollten aber nicht durch übermäßigen Jubel die gewaltige Steuerentlastung für ihre Unternehmen in letzter Minute noch gefährden. Sie dürfte sich auf deutlich über 5 Mrd. Euro belaufen.

Die im Vermittlungsausschuss beschlossene Änderung korrigiert die Unternehmenssteuerreform, die 2001 wirksam wurde. Danach werden Aktiengewinne oder Verluste steuerlich nicht berücksichtigt. Bei Lebens- und Krankenversicherern hatte das eine spezielle Nebenwirkung: So lange sie an der Börse Gewinn machen, zahlen sie kaum Steuern – denn die Börsengewinne zählen steuerlich nicht, werden aber bei der Berechnung der Gewinnanteile eingerechnet, die den Kunden gutzuschreiben sind. Nicht bedacht wurde, dass bei Aktienverlusten der umgekehrte Fall eintritt: Die Unternehmen produzieren steuerliche Scheingewinne, die hoch besteuert werden. Diese Anomalie ist jetzt für 80 Prozent der Aktienerträge oder -verluste abgeschafft.

Die Einzelheiten des neuen Gesetzesvorhabens liegen noch nicht vor. „Wir müssen erst die Gesetzestexte sehen, dann können wir uns äußern“, sagte Ralf Chalupnik, stellvertretender Leiter der Steuerabteilung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Natürlich begrüßen wir die zeitliche Ausdehnung“, sagte er. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Münchener Rück: „Wir warten auf die Details.“ Die Münchener Rück ist über ihre Lebensversicherungstöchter Victoria und Hamburg-Mannheimer direkt betroffen. Sie hatte Ende November erklärt, selbst bei einer politischen Einigung im Sinne der Versicherer werde der Konzern 2003 aus steuerlichen Gründen einen Verlust ausweisen. Denn jetzt müssen für künftige Steuerlasten auf Aktiengewinne wieder Reserven gebildet werden.

Die Allianz wollte sich nicht äußern. Nur Peter Hanus, Chef der Neuen Leben, machte aus seiner Freude kein Hehl: „Wir haben das erreicht, was wir wollten, eine Gleichbehandlung für die Jahre 2001 bis 2003.“ Hanus hatte eine lautstarke Kampagne für die Änderung geführt. „Wir sind glücklich. Die Aufteilung 80 Prozent zu 20 Prozent geht in Ordnung.“ Von dem Kompromiss habe auch der Fiskus etwas.

Vor allem Versicherer, die in den Jahren 2001 und 2002 bereits hohe Abschreibungen auf Aktien vorgenommen haben, gehören zu den Gewinnern des Kompromisses. Der jetzt korrigierte Bundestagsbeschluss, die Rückwirkung der Entlastung auf 2003 zu begrenzen, hätte dagegen Unternehmen begünstigt, die ihre Aktienverluste aus den Vorjahren nach 2003 verschoben haben.

Trotz des Erfolgs haben die Versicherer noch genug Probleme. Immer noch müssen sie alte Verluste aus dem Börsencrash, so genannte stille Lasten, in Milliardenhöhe abbauen. Auf breiter Front senkt die Branche die Zinsen, die sie den Kunden gutschreibt. „Wäre der Kompromiss nicht zustande gekommen, hätte die Gefahr von Insolvenzen bei Lebensversicherern bestanden“, sagte Dirk Popielas von der Investmentbank Goldman Sachs. Er erwartet, dass die Unternehmen für eine ganze Reihe von Jahren ihren Kunden nur niedrige Zinsen zahlen werden.

Zitat:

„Wir sind glücklich. Wir haben das erreicht, was wir wollten“ – Peter Hanus, Chef der Neue Leben

Quelle: Financial Times Deutschland

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