Von Herbert Fromme, Köln Die Münchener Rück wird mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2003 auch einen revidierten Datensatz für das Vorjahr zeigen, der wohl ein schlechteres Ergebnis als den bislang ausgewiesenen Gewinn von 1,1 Mrd. Euro enthält. Nach Informationen der FTD wirkt sich so die Anwendung des neu gefassten internationalen Rechnungslegungsstandards IAS 39 aus. Er wurde im Dezember 2003 revidiert und wird von der Münchener Rück für das Jahr 2003 und rückwirkend für 2002 angewendet.
Ein Sprecher sagte, es werde lediglich eine „Umrechnung“ der Zahlen für 2002 geben. „Der Abschluss wird nicht neu geprüft oder vom Aufsichtsrat neu festgestellt.“ Von einer Öffnung des Abschlusses 2002 könne keineswegs die Rede sein.
Die Münchener Rück wird morgen vorläufige Zahlen für 2003 vorlegen. Analysten und Beobachter gehen von einem Verlust von bis zu 500 Mio. Euro aus. Er könnte allerdings kleiner sein, weil ein Teil des Defizits nachträglich in das Jahr 2002 geschoben wird. IAS 39 in der neuen Version verlangt von den Unternehmen unter anderem zeitnähere Abschreibungen von Wertverlusten bei Aktien und anderen Wertpapieren.
Noch mehr als die Zahlen interessiert Anleger und Analysten, wie der neue Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard mit den strukturellen Problemen des Konzerns umgehen will. Während das Rückversicherungsgeschäft gut verläuft, stammen die Verluste aus Problemen mit Kapitalanlagen und den Lebensversicherungstöchtern in der Erstversicherungsholding Ergo, die hohen Abschreibungsbedarf auf Kapitalanlagen hatten. Dazu kommen steuerliche Sonderfaktoren.
Von Bomhard wird sich dazu wahrscheinlich erst am 15. April äußern, wenn er die Bilanz vorstellt. Nach Angaben aus Konzernkreisen wird ein Verkauf der Ergo oder von Teilen nicht mehr erwogen. Wohl aber wird ein Teilbörsengang der Ergo für möglich gehalten, die nur noch zu weniger als drei Prozent im Streubesitz ist.
Ein solcher Schritt wäre aber erst möglich, wenn die Ergo restrukturiert worden sei, heißt es. Ein Projekt, das unter anderem die Zusammenlegung von Kernfunktionen des operativen Versicherungsbetriebs vorsieht, wird bei der Düsseldorfer Gruppe gerade eingeleitet. „Die Münchener Rück muss den Durchgriff auf Ergo stärken“, heißt es bei Analysten.
Auskünfte zu strategischen Fragen erwarten Anleger auch von der Allianz, die am Donnerstag ihre Bilanz veröffentlicht. Analysten rechnen mit einem Gewinn zwischen 1,5 Mrd. und 2 Mrd. Euro – viel besser als 2002 mit einem Verlust von 1,2 Mrd. Euro, aber wenig verglichen mit internationalen Konkurrenten.
Vorstandschef Michael Diekmann ist jetzt fast ein Jahr im Amt und muss auch öffentlich seine Agenda vorstellen. Die Baustellen sind identifiziert: Die Dresdner Bank produziert Verluste, einige in- und ausländische Töchter zu wenig Gewinn. Die bisher gehobenen Synergieeffekte zwischen Bank und Versicherer – in erster Linie der stärkere Absatz von Lebenspolicen am Bankschalter – rechtfertigen in keiner Weise den Kaufpreis von 24 Mrd. Euro.
Jetzt will die Gruppe über den vermehrten Verkauf von Bankprodukten durch die Allianz-Vertreter die Gewinnsituation verbessern, kündigten Versicherungsvorstand Reiner Hagemann und Bankchef Herbert Walter in einem Interview in der „Welt“ an. Rund 5000 der 12 000 Allianz-Vertreter sollen dazu gebracht werden, auch Bankprodukte zu verkaufen. Gelingt das dem Konzern, wäre das ein echter Durchbruch: Bisher sind alle Versuche, Versicherungsvertreter in großem Stil zum Verkauf von Bankprodukten zu bewegen, gescheitert. Allerdings löst selbst ein solcher Erfolg die Probleme der Allianz nicht.
Inzwischen verdichten sich Informationen der FTD, dass die Allianz-Führung die Bank auf einen Privatkundenkern abschmelzen will. Der Rest soll verkauft werden. Vorbild ist die Citibank, die mit ihrem Filialnetz in Deutschland deutlich mehr an Privatkunden verdient als die Konkurrenz und außerdem im Verkauf von Versicherungspolicen unangefochten an der Spitze liegt. Auch bei den ausländischen Töchtern schaut Diekmann genau hin. Die Gerüchte über einen Teilverkauf der US-Gesellschaft Fireman’s Fund reißen nicht ab. Nicht zum Verkauf stehe dagegen der Industrieversicherer Allianz Global Risks, hieß es in Konzernkreisen.
Im Dezember hatte Konzernchef Diekmann der Gruppe bereits verordnet, dass jede Tochter ihre Kapitalkosten selbst verdienen muss. Daran werden ihn die Investoren nun messen.
Zitat:
„Die Münchener Rück muss den Durchgriff auf Ergo stärken“ – Analysten-Einschätzung
Bild(er):
Aufräumarbeiten sind bei den Versicherern und ihren Töchtern noch viele zu leisten – Visum/A. Vossberg; FTD-Montage; Sven Simon
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo