Allianz weicht Bankstrategie auf

Versicherungsvertreter in Bayern sollen kaum Dresdner-Produkte verkaufen · Einknicken vor den Genossen

Von Herbert Fromme, Köln Die Allianz-Vertreter in Bayern werden ihren Kunden nur in Ausnahmen Produkte der Dresdner Bank anbieten. Das hat Holding-Vorstand Reiner Hagemann den Vorständen der bayerischen Genossenschaftsbanken in einem Brief zugesagt, der der FTD vorliegt. Die Genossenschaftsbanken verkaufen seit 70 Jahren Allianz-Policen.

Damit wird die Strategie von Konzernchef Michael Diekmann zur Steigerung des Marktanteils der Dresdner Bank in einem der wichtigsten Regionalmärkte durchlöchert. Diekmann hatte am 18. März erklärt, die Hälfte der 10 000 Allianz-Vertretungen sollte künftig Produkte und Dienstleistungen der 2001 übernommenen Bank anbieten. Diese Strategie gilt als zentrales Instrument Diekmanns, den Marktanteil der Banktochter im Privatkundengeschäft von jetzt vier Prozent auf die versprochenen zehn Prozent zu steigern. Die Allianz-Führung ist noch immer unter Rechtfertigungsdruck für die Übernahme der Bank, die 24 Mrd. Euro gekostet hat. Sie verweist auf die Synergieeffekte zwischen Bank und Versicherung.

Mit dem Brief reagiert die Allianz auf große Empörung bei den Genossenschaftsbanken über die neue Bankstrategie des Konzerns. „Die Verantwortlichen bei der Allianz sind sich sehr wohl bewusst, dass die Ausweitung der Kooperation mit unserer Tochter Dresdner Bank bei Ihnen mit Skepsis gesehen wird“, heißt es in dem Schreiben Hagemanns. „Mit Blick auf die für uns sehr bedeutsame Kooperation und aus Rücksicht auf Ihre Banken haben wir für Bayern beim Thema ,Verkauf von Bankprodukten durch unsere Stammorganisation‘ eine deutlich veränderte Vorgehensweise beschlossen“, schreibt Hagemann weiter. Mit Stammorganisation werden die Versicherungsvertreter bezeichnet. So werde es keine regionalen Werbeaktivitäten geben. Die Allianz werde „Maßnahmen unterlassen, um unsere Agenturen als Bankfilialen zu präsentieren.“ Ein Vertreter dürfe zwar Bankprodukte anbieten, werde aber dazu nicht ermutigt, erläuterte ein Sprecher. „Im Wesentlichen wird sich das darauf beschränken, auf ausdrückliche Kundenwünsche zu reagieren.“

Hagemanns Brief ist datiert vom 25. März – eine Woche nach der Bilanzpressekonferenz. Das Schreiben hat handfeste Gründe: Die Genossenschaftsbanken liefern im Schaden- und Unfallgeschäft 20 Prozent aller Policen, die von der regionalen Allianz-Tochter Bayerische Versicherungsbank verkauft werden. An der Bayerischen Versicherungsbank sind die Genossenschaftsbanker mit zehn Prozent beteiligt.

Bei der Allianz Lebensversicherung stammten im Vorjahr 6,6 Prozent aller verkauften Policen von den bayerischen Genossen. Die bundesweit arbeitende Dresdner Bank lieferte 11,3 Prozent der Verträge. Insgesamt verkaufen die Genossenschaftsbanken pro Mitarbeiter deutlich mehr Allianz-Policen als die Dresdner Bank – obwohl sie nicht zum Konzern gehören. Im Gegenzug wickelt die Finanzkonzern Allianz einzelne Refinanzierungsgeschäfte über die Genossenschaftsbanken ab.

Die Position der Allianz bei den meist ländlichen Banken ist nicht unumstritten. Seit einigen Jahren versucht die Versicherungsgruppe R+V, die selbst zum genossenschaftlichen Verbund gehört, der Allianz die Kooperationspartner abspenstig zu machen.

Die Versicherungsgruppe hat inzwischen nach eigenen Angaben einen Marktanteil von rund 45 Prozent des von den bayerischen Genossenschaftsbanken vermittelten Versicherungsgeschäfts. „Mittelfristig wird die Allianz den Spagat zwischen Dresdner Bank und Kooperationspartner Genossenschaftsbanken nicht aushalten“, sagte ein Manager des genossenschaftlichen Finanzverbundes. „Sie wird die Genossenschaftsbanken als Partner verlieren.“

Zitat:

„Wir werden Maßnahmen unterlassen, um unsere Agenturen als Bankfilialen zu präsentieren“ – Allianz-Vorstand Reiner Hagemann

Quelle: Financial Times Deutschland

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