Versicherer begrüßen Planungssicherheit

Von Herbert Fromme, Köln Der Entscheidung, das Steuerprivileg der Kapitallebensversicherung stark zu beschneiden, haben die Versicherer ein Gutes abgerungen: Sie freuten sich über die Planungssicherheit, die ihnen die Politik nach langem Hin und Her beschert hat. Einig sind sich die Manager, dass es im Ausverkaufsjahr 2004 zu einem Boom kommen wird.

Unklar ist den meisten aber noch, wie es weiter geht. „Das Geschäft wird deutlich zurückgehen“, sagte ein erfahrener Lebensversicherungsmanager, der nicht genannt werden wollte. „Die Vertriebe werden sich drastisch umstellen müssen.“ Es werde einige Jahre dauern, bis sich eine neue Produktstruktur herausgebildet habe.

Für alle Lebensversicherungsverträge, die bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen werden, sind die Erträge prinzipiell steuerfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind – dazu gehören eine mindestens 12-jährige Laufzeit und ein Risikoschutz. Für Verträge, die ab dem 1. Januar 2005 unterzeichnet werden, müssen Kunden die Erträge prinzipiell versteuern. Wenn sie bei Auszahlung mindestens 60 Jahre alt sind und der Vertrag über 12 Jahre lief, ist nur die Hälfte der Erträge steuerpflichtig. Wer 50 000 Euro einzahlte und bei Fälligkeit 80 000 Euro ausgezahlt bekam, musste bisher nichts versteuern. Künftig ist der Ertrag von 30 000 Euro steuerpflichtig. Wenn die Kriterien Lebensalter 60 und Laufzeit 12 Jahre zutreffen, sind es 15 000 Euro.

Nach Ansicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellt der jetzige Beschluss eine deutliche Verbesserung gegenüber dem des Bundestags dar. Rot-Grün wollte das Steuerprivileg ganz abschaffen. GDV-Mitglieder hatten in den letzten Wochen in zahlreichen Gesprächen mit Länderregierungen dafür gesorgt, dass die CDU/CSU ihre Haltung aufgab. Sie wollte eigentlich das Alterseinkünftegesetz im Bundesrat passieren lassen, ging aber nach erfolgreicher Lobbyarbeit der Assekuranz doch in das Vermittlungsverfahren.

Auch der jetzt gefundene Kompromiss verschlechtere aber die Rahmenbedingungen für die Lebensversicherung, monierte der GDV. „Das Alterseinkünftegesetz wird seinem Anspruch nicht gerecht“, sagte sein Präsident Bernhard Schareck, Vorstandschef der Münchener-Rück-Tochter Karlsruher. Die Politik habe es in den zahlreichen Rentengesetzen der letzten Jahre nicht vermocht, die nötige Stabilisierung für die private Altersvorsorge zu treffen. Froh ist Schareck allerdings darüber, dass es jetzt zu einer Entscheidung gekommen ist. „Das wurde Zeit. Die Unternehmen brauchten Klarheit.“ Jetzt werde sich die Branche auf den Vertrieb der neuen Rentenversicherungen einstellen müssen, die so genannte „erste Schicht“ nach dem Reformmodell der Rürup-Kommission.

Marktführer Allianz Leben begrüßte, dass der Vermittlungsausschuss so schnell zu einer Entscheidung gekommen ist. „Durch das neue Gesetz wird die Lebensversicherung nach wie vor das erfolgreichste Angebot zur privaten Altersvorsorge sein“, so eine Sprecherin.

Axa-Chef Claus-Michael Dill rügte die geplante Ungleichbehandlung zu Investmentfonds. „Wir können mit jeder Lösung leben, die Parität zu den Fonds herstellt. Wenn die nicht hergestellt ist, ist das ganz schwer verständlich.“ Werner Görg, Vorstandsvorsitzender der Gothaer, sieht die Neuregelung gelassen. „Damit wird für die Versicherungswirtschaft und für die Altersvorsorge ein großer Schaden abgewendet.“ Eine neue Produktlandschaft sei ohnehin nötig, um auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren. „Jetzt haben beratungsstarke Versicherer einen günstigen Stand: Sie können mit Hilfe der halben Besteuerung noch die alten Produkte verkaufen, und haben die neuen Produkte.“

„Es hätte schlimmer kommen können, ist aber nicht gut“, sagte Johannes Lörper, Vorstand bei der Hamburg-Mannheimer. „Wir werden uns noch stärker als bisher auf Rentenversicherungen konzentrieren.“

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Da ist der Euro nur noch 90 Cent wert: Kunden, die Lebensversicherungsverträge ab 2005 abschließen, müssen die Erträge künftig versteuern – Hans-Günther Oed

Quelle: Financial Times Deutschland

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