Das Geschäft mit dem Tod

Der Handel mit gebrauchten US-Policen floriert. Doch ein Betrugsfall in den USA alarmiert Anleger und Anbieter gleichermaßen

In den USA sorgt ein Skandal um die Fondsgesellschaft Mutual Benefits Corporation (MBC) für Unruhe. Sie hatte in gebrauchte amerikanische Lebensversicherungen investiert und Anleger mit gefälschten Gutachten über die Lebenserwartung der Versicherten getäuscht. Die US-Börsenaufsicht SEC und die Versicherungsaufsicht des Staates Florida haben der Gesellschaft wegen des dringenden Verdachts auf Anlagebetrug die Lizenz für den Geschäftsbetrieb entzogen. Insgesamt soll MBC mehr als 1 Mrd. $ von 29 000 Investoren eingesammelt haben.

Der amerikanische Markt für Second-Hand-Lebensversicherungen hat zwei Segmente: die so genannten Viaticals, Verträge von schwer Erkrankten, und die so genannten Senior Settlements, Verträge von Versicherten ab 65 Jahren. Investmentgesellschaften kaufen amerikanische Lebensversicherungen, finanzieren das über Fonds und verkaufen Anteile an Anleger. Der Fonds zahlt die Prämien für den ursprünglichen Kunden weiter und erhält bei dessen Tod oder nach Ablauf der Vertragslaufzeit die vereinbarte Summe vom Versicherungsunternehmen. Ob tatsächlich Gewinne anfallen und wie hoch sie sind, hängt davon ab, wann die Versicherungen ausgezahlt werden. „Je länger der Auszahlungszeitpunkt in der Zukunft liegt, je geringer ist die Rendite“, erläutert der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Jörg Weidinger, Mitglied im Beirat des Bundesverbands Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL). Im Klartext: Sterben die Versicherungsnehmer direkt nach dem Kauf der Police durch den Fonds, ist der Gewinn sehr hoch. Sterben sie nicht vor Ablauf des Vertrags, ist die Rendite niedrig oder hinfällig, weil die Prämien bis zum Ende des Vertrags gezahlt werden müssen. Im schlimmsten Fall kann ein Fonds die Prämien für die Versicherungen nicht mehr zahlen, in die er investiert hat. Genau das ist bei der amerikanischen Gesellschaft Mutual Benefits geschehen.

Der Skandal alarmiert die deutschen Investmentgesellschaften, die gut laufende Fonds mit amerikanischen Lebensversicherungen aufgelegt haben. Lothar Trummer, Sprecher des Münchner Unternehmens Life Bond Management fürchtet, dass der Skandal um MBC Kunden verunsichern könnte und sie eine Besonderheit der Gesellschaft übersehen: Die Anleger kauften bei MBC einzelne Lebensversicherungen, ihr Risiko war also nicht gestreut. Das ist bei deutschen Investmentgesellschaften völlig anders. „Der Kunde erwirbt Fondsanteile“, so Trummer.

Und die Renditeversprechungen sind hoch. „Nach unseren Planrechnungen liegen die Renditen zwischen 11 und 13 Prozent“, sagt Trummer. Die Laufzeiten der Fonds liegen bei zehn Jahren. Etwa drei Jahre nach der Investition sollen die Anleger die ersten Ausschüttungen erhalten. „Im fünften Jahr fließt das Kapital komplett zurück“, so Trummer. Aber das setzt voraus, dass genug Versicherte gewissermaßen nach Plan sterben.

„Die ersten Rückflüsse werden genutzt, um Liquiditätsreserven aufzubauen, mit denen die Prämien gezahlt werden“, sagt BVZL-Beirat Weidinger. Abgezogen werden auch die Verwaltungskosten, die bei ein bis zwei Prozent des Investments liegen. Anleger sollten sich vor einer Entscheidung für eine Fondsgesellschaft ansehen, nach welchen Regeln und in welche Produkte das Unternehmen investiert, rät Weidinger. „Risiken bestehen immer. Aber wenn sauber gearbeitet wird, ist das Risiko minimierbar.“

Zitat:

„Wenn sauber gearbeitet wird, ist das Risiko minimierbar“ – Jörg Weidinger, Steuerberater

Bild(er):

Belebte Straße in New York City. Investitionen in gebrauchte amerikanische Risikolebensversicherungen erfreuen sich steigender Beliebtheit – Laif/Martin Sasse

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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