Gothaer richtet Callcenter ohne Tarifvertrag ein

Vorstandschef Görg sucht drastische Kostensenkungen

Von Herbert Fromme, Köln Die Gothaer Versicherungsgruppe wird ihr neues Callcenter in Köln mit mehr als 100 Beschäftigten außerhalb des Tarifvertrags betreiben. Das sagte Vorstandschef Werner Görg gestern vor Journalisten. Nach FTD-Informationen will die Gothaer-Tochter, die das Center führt, eine Regelarbeitszeit von 42 Stunden pro Woche von Montag bis Samstag verlangen. Bei Bedarf kann sie bis zu 48 Stunden betragen. Im restlichen Konzern gilt die tarifliche 38-Stunden-Woche.

Gleichzeitig schließt die Gothaer Allgemeine drei von acht Niederlassungen. Auch aus den noch bestehenden Regionalbüros wird die Betreuung von Privatkunden und Vertretern komplett nach Köln verlagert, nur die der Firmenkunden bleibt.

Das ist die massivste in einer Reihe von Kostensenkungsmaßnahmen, die Görg in den letzten Monaten angeschoben hat. Bei der Lebensversicherung verlagert er die Hauptverwaltung von Göttingen nach Köln, der Rückversicherer wurde über Nacht geschlossen. 2003 reduzierte die Gothaer die Belegschaft schon von 7000 auf 6600.

„Nur mit Kostensenkungen kann die Gothaer im Markt bestehen“, sagte Görg. Die Gothaer Allgemeine habe immer noch eine Kostenquote von 31,3 Prozent der Beitragseinnahmen – deutlich schlechter als der Marktschnitt von rund 27 Prozent, den auch Marktführer Allianz erzielt und den die Gothaer 2007 erreicht haben will.

Der Gothaer-Konzern erlitt 2002 einen schweren Verlust von 198 Mio. Euro, vor allem wegen des hohen Abschreibungsbedarfs auf Aktien. 2003 schaffte er mit einem positiven Ergebnis von 46 Mio. Euro die Rückkehr in die Gewinnzone. Die Gothaer erzielte nur 4,13 Mrd. Euro Prämieneinnahmen, ein mageres Plus von 1,8 Prozent.

Die Folgen der Krise sind weiter spürbar: So bestand die Gothaer Lebensversicherung die Stresstests der Finanzaufsicht BaFin nicht. Sie messen, ob ein Versicherer auch bei einem Einbruch der Kapitalmärkte jederzeit die Verpflichtungen gegenüber Kunden erfüllen kann. Görg will künftig auch die Anlagepolitik noch risikoärmer fahren und langfristig aus dem Private-Equity-Bereich aussteigen. Im Vertrieb setzt er Hoffnungen auf die Kooperation mit der GE Money Bank, die gerade auf Standard-Lebenspolicen erweitert wurde.

Quelle: Financial Times Deutschland

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