Converium geht Sanierung riskant an

Rückversicherer will defizitäre US-Verträge loswerden · Kapitalmaßnahmen werden im August konkretisiert

Von Ilse Schlingensiepen und Herbert Fromme, Köln Der schweizerische Rückversicherer Converium schlägt einen riskanten Kurs ein, um seine Probleme mit Altlasten in den USA in den Griff zu bekommen. Das Unternehmen will dort die defizitären Verträge aus den Jahren 1997 bis 2001 abwickeln – also gegen eine Einmalzahlung an die Erstversicherer aus den Verträgen aussteigen. Gleichzeitig will Konzernchef Dirk Lohmann aber weiter Neugeschäft in den USA gewinnen. „Aus diesem wichtigen Markt herauszugehen wäre eine einfache Antwort auf die Probleme, aber wohl nicht die richtige“, sagte er auf einer Telefonkonferenz mit Analysten.

Die Kombination einer Abwicklung, des so genannten Run-offs, mit dem Angebot neuer Verträge wird bei Erstversicherern nicht gern gesehen. Run-offs gibt es in der Regel nur, wenn ein Rückversicherer sein Geschäft einstellt, wie es bei Gerling der Fall ist. Lässt sich ein Erstversicherer auf den Run-off ein, muss er künftig alle gemeldeten Schäden selbst tragen.

Converium musste gestern einen Rekordverlust von 660 Mio. $ für das zweite Quartal 2004 bekannt geben. Vor einer Woche hatte das Unternehmen verkündet, dass es in den Reserven für US-Risiken aus 1997 bis 2001 ein Loch von 385 Mio. $ gefunden hatte. Entsprechend muss Converium die Reserven verstärken. Das führte zu weiterem Abschreibungsbedarf auf künftige Steuerguthaben und Unternehmenswerte in Höhe von 364 Mio. $.

Lohmann kündigte gestern an, dass man über Kapitalmaßnahmen 250 bis 400 Mio. $ von Anlegern holen will. Finanzchef Martin Kauer sagte, Converium prüfe eine Mischung aus Kapitalerhöhung und Zwangswandelanleihe. Das ist eine Anleihe, bei der das Unternehmen die Investoren nach Ablauf mit eigenen Aktien auszahlt. Aus Finanzkreisen war zu hören, dass die direkte Kapitalerhöhung auf Druck der Rating-Agenturen etwas höher ausfallen dürfte als die Wandelanleihe. Einzelheiten will Lohmann bis Ende August bekannt geben, wenn eine weitere Prüfung der US-Risiken aus den fraglichen Jahren und eine Prüfung der Reservesituation durch unabhängige Berater abgeschlossen sind.

Zudem will Converium Risikokapital bis zu 225 Mio. $ durch Reduzierung riskanter Anlagen und vermehrte Nutzung eigener Rückversicherungsprogramme freisetzen. Das Ziel der Maßnahmen: das Vertrauen von Kunden und Anlegern wiederzugewinnen. Die Börse reagierte gestern positiv. Converium-Aktien legten um 8,3 Prozent auf 29,90 Schweizer Franken zu, nachdem sie vergangene Woche knapp 60 Prozent verloren hatten.

Ausgestanden ist die Sache aber noch lange nicht. Analysten sind überrascht, dass das Loch in den Reserven so plötzlich auftauchte. „Hier geht es auch um Verantwortung und Rechenschaft“, sagte Heinrich Wiemer, Analyst bei der Bank Oppenheim. Lohmann hätte die Probleme eher erkennen müssen.

Wiemer sprach sich gegen die Kapitalerhöhung aus. „Wir sollten sie nicht unterstützen.“ Nur wenn die Investoren Converium kein frisches Geld geben, bleibe das Unternehmen bei seinem harten Kurs, zu schlechten Risiken Nein zu sagen.

Bild(er):

Bauschäden in den USA haben unter anderem das Geschäft von Converium ins Wanken gebracht – Avenue Images/James Lemass

www.ftd.de/Converium

Quelle: Financial Times Deutschland

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