Hurrikan-Schaden in Florida stoppt Preiserosion nicht · Interview mit Siemens-Versicherungschef Sigulla
Von Herbert Fromme, München Hurrikan „Charley“ hat trotz des Milliardenschadens die globale Preiserosion für die Versicherung großer Risiken nicht gebremst. Das sagte Stefan Sigulla, Leiter Insurance bei Siemens Financial Services, im FTD-Interview. Sigulla ist stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Versicherungs-Schutzverbandes (DVS), der mächtigen Lobbyorganisation der Industrieversicherungseinkäufer.
„Charley“ hat Mitte August in Florida mit geschätzten 7 Mrd. Euro den zweitgrößten Sturmschaden in der Geschichte der Assekuranz angerichtet. „Trotzdem bewegt sich der internationale Markt weiter nach unten“, sagte Sigulla, der weltweit für Siemens den Versicherungsschutz arrangiert. „Das ist in Deutschland anders. Hier gibt es noch keinen generellen Trend zu Preissenkungen.“ In Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien gingen die Preise dagegen zwischen 10 und 20 Prozent zurück, in den USA seien Senkungen von 25 Prozent zu beobachten. Dass der deutsche Markt vergleichsweise stabil bleibe, liege wohl daran, dass nur noch eine kleine Zahl von Anbietern im Industriemarkt vorhanden sei, vor allem für große Risiken. „Und die noch da sind, prüfen jedes Einzelrisiko sehr professionell.“
Insgesamt sei 2003 aber die Spitze in der Preisentwicklung in den meisten Sparten erreicht worden. „Da würde ich nur die Berufs- und Managerhaftpflicht ausnehmen“, sagte er. Dort sieht er weiter große Probleme für die Unternehmen, überhaupt ausreichenden Versicherungsschutz zu erhalten. „Die Deckungen werden immer schwächer in ihrem Gesamtangebot“, sagte er. Das treffe vor allem auf Manager in Aufsichtsräten anderer Firmen oder bei Gemeinschaftsunternehmen zu.
Siemens hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt, weil das Unternehmen für seine gesamten Versicherungsrisiken eine für Deutschland neue Form einführte. Die Risiken wurden in Schichten, so genannten Layern, von unterschiedlichen Anbietern zu unterschiedlichen Preisen gedeckt. „Damit können wir scharfe Preiserhöhungen an bestimmten Punkten durch günstige Preise in anderen Bereichen wenigstens teilweise ausgleichen.“ Die Vertragserneuerung für 2005, die zum Oktober ansteht, sei verglichen mit dem Vorjahr „eher leichter“.
Für deutsche Großkonzerne seien die gesamten Kosten für Risikoschutz heute zwar deutlich höher als vor fünf Jahren, als die Policen sehr preiswert waren. „Sie sind aber nicht zwei- oder dreimal so hoch, wie manche Versicherer gerne behaupten“, sagte Sigulla. Die deutsche Industrie habe dabei ein großes Interesse an einem funktionierenden einheimischen Markt.
Gleichzeitig haben die Industriekonzerne ihr eigenes Know-how kräftig ausgebaut. Siemens Financial Services hat im Sektor Versicherungen drei Geschäftsbereiche: den eigenen Versicherungsmakler, der Deckungen für Siemens einkauft, einen Bereich, der das Belegschaftsgeschäft vermittelt und einen dritten für konzernfremde Kunden.
Dafür hat Siemens mit dem marktgrößten Versicherungsmakler Aon Jauch & Hübener die Industrieschutz Insurance Broker GmbH gegründet. Sie ist vor allem für das Geschäft für Unternehmen „mit Siemens-Nähe“ zuständig, sagte Sigulla. Insgesamt vermittelt die Versicherungsabteilung Geschäft mit einem Prämienvolumen von 470 Mio. Euro.
Unzufrieden ist Sigulla in seiner Rolle als DVS-Vorstand mit den jetzigen Möglichkeiten für Unternehmen, sich gegen Terrorschäden abzudecken. Über die entsprechenden Programme des Siemens-Konzerns will er nicht sprechen. „Viele DVS-Mitgliedsunternehmen beklagen, dass es keine europäische Lösung gibt.“ Der Spezialversicherer Extremus decke nur einheimische Risiken ab, und dann auch nur Sachschäden. „Das Problem ist aber, dass es oft auch terrorbedingte Haftpflichtrisiken gibt.“ Forderungen nach staatlicher Deckung für Terrorrisiken „kann ich nachvollziehen“. Denn Privatleute kämen nur zu Schaden, weil die Terroristen den Staat treffen wollten.
Zitat:
„Der internationale Markt bewegt sich weiter nach unten“ – Stefan Sigulla, Siemens
Bild(er):
Stefan Sigulla arrangiert weltweit für Siemens den Versicherungsschutz und ist Vizechef des Lobbyverbands der Industrieversicherungseinkäufer – Daniel Hintersteiner
Quelle: Financial Times Deutschland
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