Hurrikan „Frances“ verwüstet Florida

2,8 Millionen Menschen fliehen vor Sturm · Experten erwarten Schaden von bis zu 10 Mrd. Dollar

Von Eva Busse, Miami, und Herbert Fromme, Köln Der zweite Hurrikan innerhalb von drei Wochen hat den US-Staat Florida heimgesucht. Gestern begann der größte Hilfseinsatz nach einer Naturkatastrophe in der amerikanischen Geschichte. Das Ausmaß von Hurrikan „Frances“ war gewaltig: Weil der Sturm etwa 650 Kilometer Breite maß, stand fast ganz Florida unter Orkanwarnung. Der Gouverneur, Präsidentenbruder Jeb Bush, hatte die bisher umfangreichste Evakuierung des Staates angeordnet. 15 Prozent der Bevölkerung mussten drei Tage und Nächte lange ihre Häuser verlassen. Etwa 2,8 Millionen Menschen waren vor „Frances“ geflohen.

Teile Floridas – einer der entscheidenden Staaten für die Präsidentschaftswahl im November – glichen gestern Morgen einem Schlachtfeld. „Frances“ war in der Nacht an der Küste eingeschlagen, hatte Dächer abgeräumt, Bäume entwurzelt und Strände verwüstet. Etwa zwei Millionen Floridianer waren zeitweise ohne Strom.

Über die Kosten von „Frances“ gibt es bisher nur grobe Schätzungen, die gestern allerdings deutlich moderater ausfielen als noch am Freitag. Risk Management Solutions (RMS), das durch computergestützte Modelle für Versicherer Schadenserwartungen kalkuliert, hatte ursprünglich für möglich gehalten, dass „Frances“ teurer wird als „Andrew“. Jener Sturm hatte 1992 einen Schaden von rund 21 Mrd. $ angerichtet. „Wir schätzen, dass der Schaden in einer Bandbreite von 2 Mrd. $ bis 10 Mrd. $ liegen wird“, sagte ein Firmensprecher gestern.

Alle großen US-Versicherer und die international arbeitenden Rückversicherer dürften an dem Schaden beteiligt sein. Allerdings haben die Gesellschaften in den letzten Jahren ihre Bedingungen verschärft und die Selbstbeteiligung der Versicherten erhöht. Außerdem gibt es in Florida einen staatlichen Rückversicherungspool für Hurrikanschäden, der bis zu 4,5 Mrd. $ pro Sturm deckt.

Die Versicherer in Florida sind einem Sprecher der Branche zufolge in der Lage, Schäden von bis zu 25 Mrd. $ zu decken. Zu Beginn der Orkansaison waren ihre Kassen noch mit 32 Mrd. $ für Schadensansprüche gefüllt. Hurrikan „Charley“ hat dieses Polster jedoch im August schon um 7 Mrd. $ verringert. Der Sturm hatte 27 Opfer gefordert.

Trotz der Verzweiflung der von „Frances“ Getroffenen dominierte gestern ein Gefühl der Erleichterung. Der Orkan kam nicht nur viel schwächer, sondern auch später als erwartet an. Das gab Einwohnern und Behörden genug Zeit zur Vorbereitung. Vor allem deshalb kam diesmal niemand ums Leben. Seit Mittwoch hatte sich Südflorida verbarrikadiert. Sperrholz für den Fensterschutz und Benzin für die Flucht wurden knapp. Mehr als 20 000 Menschen kamen in Notlagern im Landesinneren unter. Die Angst war greifbar. Im Rundfunk wurde immer wieder Gouverneur Bush zitiert: „Handelt jetzt, bevor alles zu spät ist.“

Politisch wird „Frances“ der Familie Bush im Zweifel nutzen. Die Orkanwarnungen haben zwar die Aufmerksamkeit vom Parteitag der Republikaner vergangene Woche abgelenkt. Doch die zwei aufeinander folgenden Unglücke im Wechselwählerstaat Florida bieten dem Präsidenten die beste Gelegenheit, als entscheidungsfreudiger Oberbefehlshaber aufzutreten. Schon nach „Charley“ sorgte Bush für sofortige Hilfe aus Washington. Das nationale Ansehen des Gouverneurs von Florida ist seitdem dermaßen gestiegen, dass auf dem Parteitag erste Schilder mit der Aufschrift „Jeb Bush for President 2008“ zu sehen waren.

Bild(er):

In der Nähe von Palm Beach versperren umgefallene Bäume eine Straße – der Hurrikan fegte auf einer Breite von 650 Kilometern über Florida hinweg – FP/Robert Sullivan

Quelle: Financial Times Deutschland

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