Rückversicherer geht von stabilem Markt aus und will von Converium-Krise profitieren
Von Herbert Fromme, Monte Carlo Der Rückversicherer Swiss Re erwartet von steigenden Zinseinnahmen weiter kräftig wachsende Gewinne für die Branche. Chefvolkswirt Thomas Hess sieht in den nächsten zwei Jahren einen Zinsanstieg: „Bei festverzinslichen Staatsanleihen werden sie von 4 bis 4,5 Prozent heute auf rund sechs Prozent im Jahr 2006 steigen“, sagte Hess beim Rückversicherungstreffen in Monte Carlo.
Außerdem habe die Branche durch Reserveverstärkungen mehr Kapital, das angelegt werde, sagte Swiss-Re-Chef John Coomber. „Die Gewinne kommen zurzeit, anders als in den 90er Jahren, vor allem aus dem eigentlichen Rückversicherungsgeschäft und weniger aus den Kapitalanlagen“, sagte Coomber. Das sei eine gesunde Entwicklung. „Wenn jetzt durch höhere Zinseinnahmen auch die Kapitalanlagen mehr abwerfen, wird sich das positiv auf das Gesamtergebnis auswirken.“
Eine Aufweichung der Preise für Rückversicherungsschutz erwartet Coomber nicht. „Die Preise sind attraktiv für uns und werden es bleiben.“ Das sei trotz des Nachgebens der Raten in einzelnen Sparten und Regionen der Fall.
Die Zinseinschätzung der Swiss Re steht im Widerspruch zu der des Konkurrenten Münchener Rück. Ihr Chef Nikolaus von Bomhard hatte am Sonntag in Monte Carlo gesagt, von den Zinsen werde keine wesentliche Erleichterung für die Rückversicherer kommen. „Wir erwarten, dass sie bis Ende 2004 etwas steigen, aber dann wieder sinken.“
Die Swiss Re erwartet, dass sie durch die Schwierigkeiten des Rückversicherers Converium, der sein US-Geschäft schließen muss, zusätzlich Geschäft gewinnen kann. Fragen, ob die Swiss Re sich die Übernahme von Geschäftsteilen oder Sparten von Converium vorstellen könne, wollte Coomber nicht beantworten.
Insgesamt zeichnete er ein sehr positives Bild der Rückversicherung, „auch wenn nicht alle Probleme beseitigt sind“. Es handele sich um eine Wachstumsbranche. Seit Jahren wachse das Prämienvolumen der Rückversicherer weltweit im Durchschnitt schneller als das Bruttosozialprodukt. Die Unternehmen hätten die Lehren aus der Niedrigpreisphase gezogen, der Markt sei stabil. Sollte sich aber die Branche wieder in Richtung Niedrigpreise entwickeln, würde auch Swiss Re nicht zögern, unprofitables Geschäft aufzugeben – auch wenn dies hohe Einbußen beim Umsatz brächte. Ähnlich hatte sich von Bomhard geäußert.
Coomber wollte zur Kritik der Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) an seinem Unternehmen nicht Stellung nehmen. Am Freitag hatte S&P den Ausblick von Swiss Re von stabil auf negativ verändert, seine Bewertung mit „AA“ aber beibehalten. Der negative Ausblick beruhe auf Zweifeln, ob die Gewinnverbesserung des Jahres 2003 und der ersten Hälfte 2004 in den kommenden Jahren beibehalten werden könne, so S&P-Analyst Stephen Searby. Mit „AA“ liegt die Swiss Re allerdings zwei Stufen über der Bewertung der Münchener Rück, die nur ein „A+“ vorweisen kann. Swiss Re habe in den letzten zehn Jahren Marktanteile gewonnen. „1994 lagen wir bei neun Prozent, heute bei rund zehn Prozent“, sagte Coomber. Damit liegt die Swiss Re fast gleichauf mit der Münchener Rück – je nach Zählweise halten manche Beobachter die Schweizer schon jetzt für den Weltmarktführer.
Quelle: Financial Times Deutschland
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