Werften prüfen Überwachungsgeräte und Bewaffnung · Fachmesse SMM startet
Von Herbert Fromme, Hamburg Zivilschifffahrt und Schiffbau prüfen Möglichkeiten, mit denen sich Schiffe gegen Piratenüberfälle und Terroranschläge zur Wehr setzen können. „Auch Handelsschiffe benötigen Möglichkeiten der Verteidigung“, sagte John Young, Chef der Elektronikfirma Atlas Elektronik und Vorsitzender der europäischen Werftzulieferer-Vereinigung EMEC. „Dabei geht es um die Einführung elektronischer Überwachungsanlagen und um die Frage, inwieweit Handelsschiffe bewaffnet werden sollen“, sagte Young bei einer Pressekonferenz zur heute beginnenden Schiffbaumesse SMM. Seine Branche werde bei der SMM nach Antworten auf diese Fragen suchen und mit Reedern und Werften sprechen.
In der Zivilschifffahrt haben zwei Terrorüberfälle in den vergangenen Jahrzehnten Schlagzeilen gemacht: 1985 entführten palästinensische Attentäter das Kreuzfahrtschiff „Achille Lauro“ im Mittelmeer und töteten einen Passagier. 2002 rammte ein kleines, mit einer Bombe beladenes Boot den französischen Supertanker „Limberg“. Beinahe täglich kommt es auf den Weltmeeren zudem zu Piratenüberfällen.
Hauptproblem beim Terror sei die Sicherheit in den Häfen, sagte der Präsident der Fincantieri-Werften in Italien, Corrado Antonini. Er sprach für die europäische Werftenvereinigung CESA. Ein Angriff auf offener See sei unwahrscheinlich. „Verwundbar ist ein Schiff vor allem im Hafen“, so der Manager.
Ein Überfall wie auf die „Achille Lauro“, bei dem Terroristen als Passagiere mit Waffen an Bord kamen, sei heute nicht mehr möglich. Vor allem der auf Druck der USA nach dem 11. September von der Uno-Schifffahrtsorganisation International Maritime Organisation weltweit eingeführte Sicherheitscode ISPS hat die Sicherheitslage verbessert. Schiffe, die sich nicht an die Vorschriften halten, dürfen US-Häfen nicht anlaufen, Ladung aus Häfen ohne ISPS-Code kann nicht eingeführt werden.
„Die Einführung des ISPS-Codes ging im Wesentlichen reibungslos“, sagte Alfons Guinier, Sprecher der europäischen Reedervereinigung ECSA. Probleme gebe es nur mit kleineren Häfen, die nicht alle Auflagen einhielten. Hier würden die Reeder aber entsprechend Druck machen.
Die Fachmesse SMM ist mit 1400 Ausstellern ausgebucht – ein Ergebnis des Booms in Seeschifffahrt und Schiffbau, der inzwischen auch die europäischen Werften erreicht hat. Bei Neubestellungen hätten europäische Werften im ersten Halbjahr 2004 wieder 14 Prozent des gesamten Auftragsbestands der Welt erreicht, sagte Werftchef Antonini. Der Anteil betrug 2003 gerade noch sieben Prozent. „Es gab praktisch eine Monopolstellung Asiens. Südkorea hielt 44 Prozent des weltweiten Auftragseingangs, Japan 26 Prozent und China 15 Prozent“, sagte Antonini.
Die jetzt fühlbare Erholung der europäischen Werften lässt sich einerseits darauf zurückführen, dass die Kapazität der asiatischen Konkurrenten voll ausgelastet ist und Reeder deshalb ausweichen müssen. Andererseits gebe es gerade jetzt Bedarf für mittelgroße und kleinere Schiffe, bei denen die europäischen Werften gut positioniert seien, neben ihren Spezialitäten wie Kreuzfahrtschiffen und Fähren. Antonini erneuerte die Vorwürfe europäischer Werften, die koreanische Konkurrenz arbeite mit Dumpingpreisen, und verlangte gleiche Wettbewerbsbedingungen.
Zitat:
„Verwundbar ist ein Schiff vor allem im Hafen“ – Corrado Antonini, Präsident Fincantieri-Werften
Quelle: Financial Times Deutschland
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