ThyssenKrupp und HDW-Finanzinvestor OEP unterzeichnen Verträge · Europäische Konsolidierung der Branche schreitet voran
Von Michael Gassmann, Düsseldorf, Gerhard Hegmann, München, und Herbert Fromme, Köln Der deutsche Werftenverbund wird voraussichtlich Anfang kommenden Jahres an den Start gehen. ThyssenKrupp und der US-Finanzinvestor One Equity Partners (OEP) haben am Freitag die lange erwartete Unterzeichnung des Vertrags über die Fusion der ThyssenKrupp-Werften Blohm + Voss sowie Nordseewerke mit der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel bekannt gegeben. Danach wird ThyssenKrupp wie angekündigt 75 Prozent der Anteile an der künftigen Gemeinschaftswerft halten, die unter ThyssenKrupp Marine Systems firmieren wird. OEP erhält für HDW 25 Prozent sowie 220 Mio. Euro in bar. Auch die Gespräche mit der IG Metall über das industrielle Konzept kommen voran.
Der deutsche Verbund umfasst neben den drei deutschen Großwerften die Betriebe HDW-Nobiskrug in Rendsburg, die schwedische Kockums-Werft und die griechische Hellenic Shipyards. Er erreicht insgesamt einen Jahresumsatz von rund 2,2 Mrd. Euro. Die Vereinbarung wird wirksam, sobald die Aufsichtsgremien zugestimmt haben und die fusionskontrollrechtlichen Genehmigungen vorliegen. Chef der neuen Gesellschaft wird Klaus Borgschulte, Vorstandsmitglied der Konzernsparte ThyssenKrupp Technologies. Der Vertrag von HDW-Chef Helmut Burmester ist nach HDW-Angaben um ein Jahr verlängert worden. Burmester werde sein Amt mit dem Abschluss der Fusion aufgeben.
Der nationale Werftenverbund könnte den deutschen Beitrag zu einer späteren europäischen Lösung bilden. Nach französischen Vorstellungen sind die jetzt vereinbarten Strukturen des deutschen Werftenverbundes nur eine Zwischenstufe auf diesem Weg. So sprach sich unter anderem der Vorsitzende von Frankreichs größtem Rüstungskonzern Thales, Denis Ranque, für die Bildung eines integrierten europäischen Werftenkonzerns nach dem Vorbild des Flugzeugbauers Airbus aus. Das Wunschziel sei, binnen drei Jahren diesen „Marine-Airbus-Konzern“ zu schaffen.
Der Chef der noch staatlichen französischen Werft DCN, Jean-Marie Poimboeuf, sprach im Sommer sogar von einer künftig einheitlichen Produktpalette und einem neuen, gemeinsam entwickelten U-Boot. Auf die Vorschläge reagierte die deutsche Werftenindustrie aber skeptisch. Auch in Berliner Regierungskreisen heißt es, dass Deutschland bei der Bildung eines europäischen Verbundes die Federführung anstrebe.
Nach Ansicht von Branchenexperten wird sich erst in den nächsten ein, zwei Jahren entscheiden, wie eine europäische Konsolidierung aussehen könnte. Es würden derzeit verschiedene Modelle diskutiert. So könnte es sowohl zu einem weiteren Zusammenschluss von Werften kommen, also beispielsweise mit DCN (Frankreich), BAE Systems (Großbritannien), Izar (Spanien) und Fincantieri (Italien). Denkbar sei aber auch die Einbindung von Systemanbietern, also Großkonzernen wie EADS, Thales, BAE Systems oder Atlas Elektronik.
Als Schlüssel zur weiteren Konsolidierung der Werftenbranche gilt der zunächst noch beim US-Finanzinvestor OEP verbleibende 25-Prozent-Anteil an der ThyssenKrupp Marine Systems. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS, der sein Rüstungsgeschäft deutlich ausbauen will, hat bereits indirekt sein Interesse an dem Paket geäußert. „Als wichtiger Lieferant der Branche wollen wir unsere Interessen wahren. Wir halten uns alle Optionen offen und sprechen auch mit ThyssenKrupp“, sagte ein EADS-Sprecher auf Anfrage. Die EADS wolle aber kein Schiffbauer werden, betonte der Sprecher. Der Konzern liefert bereits die Bewaffnungssysteme für französische U-Boote und den französischen Flugzeugträger sowie Radarsysteme für die deutsche Marine.
Auf nationaler Ebene müssen jedoch auch noch die letzten Streitpunkte zwischen ThyssenKrupp und der IG Metall ausgeräumt sein. Zwar gebe es substanzielle Fortschritte, eine definitive Einigung liege jedoch noch nicht vor, hieß es bei der IG Metall. „Wir haben uns weitgehend angenähert“, sagte Wolfgang Mädel, Chef der Kieler IG Metall, der FTD.
Bild(er):
Schiffsschraube der „Queen Elisabeth II“ auf der Werft Blohm & Voss – Ullstein
Quelle: Financial Times Deutschland
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