Von Herbert Fromme, Köln Die Klage gegen den Makler Marsh sorgt auch im deutschen Versicherungsmarkt für große Aufregung. „Das verschlägt einem die Sprache“, sagte Leberecht Funk, Gesellschafter beim Makler Funk Gruppe und Vorsitzender des Verbands Deutscher Versicherungsmakler (VDVM). „Wenn das wahr ist, haben wir alle ein Riesenproblem. Wir müssen das unseren Kunden erklären“, sagte Funk. „Wer so etwas als Makler tut, hat die Grundlage des Berufsstandes verlassen, nämlich Sachwalter der Kunden zu sein.“
Funk verteidigte die Praxis, dass Versicherer an manche Makler höhere Provisionen als an andere zahlen. Das hänge mit den unterschiedlichen Leistungen zusammen, die die Makler erbrächten. Eine Entschuldigung für kriminelle Machenschaften könne das jedoch nicht sein.
Der VDVM, der 575 mittlere und große Firmen vertritt, habe einen Verhaltenskodex entwickelt, der jetzt beschleunigt in Kraft treten soll.
Ralf Oelßner, Lufthansa-Versicherungschef und Vorsitzender des Deutscher Versicherungsschutz-Verbandes, zeigte sich nach der Lektüre der Klageschrift „entsetzt“. „Das war systematischer Betrug“, sagte er. Das alles hätten die Kunden zahlen müssen. Man solle aber nicht allein auf den Makler schauen, sagte Oelßner. „Da gehören zwei dazu. Da gab es knallharte Kollusion zwischen Maklern und Versicherern.“ Spitzer nennt in seiner Klageschrift die Versicherer AIG, ACE, Hartford und Munich-American Risk Partners. Sie alle sollen Sonderzahlungen von Marsh über die üblichen Provisionen hinaus erhalten und bei illegalen Preisabsprachen mitgemacht haben.
Siemens-Versicherungschef Stefan Sigulla zeigte sich weniger überrascht als andere Marktteilnehmer. „Wir wussten schon lange, dass es solche Agreements gibt“, sagte Sigulla. „Wir haben bei unseren Verträgen für Transparenz gesorgt.“ Sigulla ist weltweit für den Versicherungseinkauf bei Siemens zuständig. In Deutschland seien keine Vorgänge bekannt, bei denen es von Maklern angeregte Preisabsprachen zum Nachteil der Kunden gab, beteuern Vertreter der Makler.
Als Versicherungsmakler bezeichnen sich in Deutschland rund 33 000 Vermittler. Nach Ansicht des VDVM verdienen nur 6000 bis 8000 diese Bezeichnung tatsächlich. Die übrigen seien Vertreter oder Mehrfachagenten, die nicht wie Makler im Interesse des Kunden handelten, sondern Versicherer vertreten.
In den letzten Jahren haben die Makler im Großgeschäft mit Industrie, Gewerbe und Gemeinden ihre Position ausgebaut. Selbst Versicherer wie Allianz und Gerling, die früher Distanz zu Maklern hielten und auf ihren eigenen Außendienst setzten, haben sich geöffnet.
Die Großmaklerszene wird von den Töchtern zweier US-Gesellschaften angeführt. Marktführer ist Aon Jauch & Hübener, eine Tochter von Aon in Chicago, Nummer zwei weltweit. Aon veröffentlicht keine Länderzahlen, der Deutschland-Umsatz aus Provision und Honorar wird auf 150 Mio. Euro geschätzt. Zweiter ist Marsh, entstanden aus der Übernahme des Stuttgarter Maklers Gradmann & Holler durch den Weltmarktführer. Marsh dürfte auf 120 Mio. Euro Umsatz kommen. Danach folgen – nicht unbedingt in der Reihenfolge – Ecclesia, Willis und Funk. Willis könnte seine Position in Deutschland und weltweit demnächst dramatisch verbessern: Seit Monaten wird spekuliert, der drittgrößte Makler der Welt plane ein Übernahmeangebot für Aon.
Quelle: Financial Times Deutschland
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