Krise bei Marsh & McLennan ist Spitzenthema in Baden-Baden
Von Herbert Fromme Die schwere Krise des weltgrößten Versicherungsmaklers Marsh führt zu zusätzlicher Verunsicherung im ohnehin angespannten Markt. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer wirft Marsh die Fälschung von Angeboten sowie Betrug vor. Beim Rückversicherungstreffen in dieser Woche in Baden-Baden diskutieren Versicherer, Rückversicherer, große Industriekunden und Makler die Vertragserneuerungen für 2005. Es geht um viele Millionen – und viel verlorenes Vertrauen.
„Das war systematischer Betrug“, sagte Ralf Oelßner, Lufthansa-Versicherungschef und Vorsitzender des Deutschen Versicherungs-Schutzverbandes. Er zeigte sich nach der Lektüre der Klageschrift „entsetzt“. Makler und Versicherer betonen, dass es solche Praktiken in Deutschland nicht gegeben habe. „Es ist schwer zu sehen, warum solche Praktiken an Sprachgrenzen Halt machen sollten“, sagt Oelßner skeptisch.
„Das verschlägt einem die Sprache“, sagte auch Leberecht Funk, Gesellschafter beim Makler Funk Gruppe und Vorsitzender des Verbands Deutscher Versicherungsmakler. „Wer so etwas als Makler tut, hat die Grundlage des Berufsstandes verlassen, nämlich Sachwalter der Kunden zu sein“, sagte Funk.
Spitzers Vorwürfe richten sich gegen drei Praktiken: Extraprovisionen, Angebotsbetrug und Verknüpfung von Erst- und Rückversicherungsvermittlung. Seit Jahren zahlen Versicherer Sonderprovisionen für Makler, deren Höhe meist vom Volumen des Geschäfts abhängt. Solche „contingency commissions“ wurden in „Market Service Agreements“ (MSA) oder „Placement Service Agreements“ festgehalten. MSA oder PSA habe es in Deutschland nicht gegeben, wohl aber einen spürbaren Druck der Großmakler in diese Richtung, sagen Versicherer.
Die Makler verteidigten bisher Extrazahlungen mit höheren Leistungen vor allem der Großmakler. Inzwischen hat Marsh die Praxis suspendiert, Willis hat sie ganz eingestellt.
Im Zusammenhang mit MSA habe es bei Marsh direkten Angebotsbetrug gegeben, so Staatsanwalt Spitzer. Versicherer wurden zur Abgabe unrealistischer Angebote gedrängt, damit der Kunde das Geschäft bei der Gesellschaft platzierte, den Marsh präferierte – und die eine Sonderprovision zahlte.
Schließlich steht der Vorwurf des „tying“ zwischen Erst- und Rückversicherung im Raum. Das werfe Spitzer dem Makler Aon vor, berichtet das „Wall Street Journal“. Ein Makler gibt einem Versicherer nur dann Geschäft, wenn er auch seine Rückversicherungsdeckung platzieren darf. Holger Gaserow, Chef von Aon Rück Deutschland, weist das zurück. „Wir trennen scharf zwischen Erst- und Rückversicherungsvermittlung.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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