Allianz schaltet auf Wachstum um

Von Herbert Fromme, Köln Der Allianz-Konzern hat nach der schweren Krise der vergangenen beiden Jahre eine Wachstums-Initiative versprochen: „Für die Zukunft wird der Fokus sehr stark auf nachhaltiger Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und profitablem Wachstum liegen“, sagte Controlling-Vorstand Helmut Perlet in einer telefonischen Pressekonferenz zu den Zahlen des dritten Quartals.

Der Börsencrash hatte das Ergebnis des größten europäischen Versicherungskonzerns in den beiden vergangenen Jahren stark belastet – 2002 war sogar ein Verlust angefallen. Hinzu kam der Sanierungsaufwand für die 2001 übernommene Dresdner Bank.

Für die ersten neun Monate meldete Perlet jetzt für fast alle Geschäftsfelder positive Entwicklungen. Die Allianz konnte ihren Gewinn nach Steuern von 0,7 Mrd. Euro auf 1,8 Mrd. Euro mehr als verdoppeln. Selbst das Sorgenkind Dresdner Bank zeigte zum dritten Mal in Folge ein positives Quartalsergebnis.

Nach der Überwindung der Krise und dem Konzernumbau will Vorstandschef Michael Diekmann jetzt ernten – vor allem im profitabelsten Kernsegment Schaden- und Unfallversicherung. Denn noch sind hier die Preise hoch. „Wir werden wohl keine Preiserhöhungen mehr sehen, vielleicht hier und da einen Preisabrieb, einen leichten Rückgang“, sagte Perlet. Einen drastischen Preisverfall verhinderten die Schäden durch die Hurrikans. Zudem sei bei vielen Gesellschaften die Kapitaldecke dünn.

Mit der Einführung eines günstigeren Autotarifs im September in Deutschland hat der Marktführer schon auf der neuen Linie agiert – die Zeiten, in denen er sich ohne größere Gegenwehr Marktanteile abnehmen ließ, sind vorbei. Da der Markt in Schaden- und Unfall stagniert, bedeutet die neue Offensive der Allianz eine Verschärfung der Konkurrenz.

Die Zeit drängt. Dass die Preise vor allem im Großgeschäft schon unter Druck sind, zeigen die Ergebnisse der Industrietochter Allianz Global Risks und der Allianz Marine & Aviation, für Transport- und Luftfahrtversicherung zuständig. Der Nachsteuergewinn von Global Risks halbierte sich von 44 Mio. Euro auf 22 Mio. Euro, Marine & Aviation meldete einen Rückgang von 65 Mio. Euro auf 30 Mio. Euro.

Perlet sagte, der Konzern konzentriere sich auf internes Wachstum. Zukäufe stünden nicht auf der Tagesordnung. Die Frage, ob sich die Allianz für die zum Verkauf stehende Credit-Suisse-Tochter Winterthur interessiert, wollte er nicht beantworten.

In der Lebensversicherung konnte der Konzern sein operatives Ergebnis um 32 Prozent steigern. Hier setzt die Allianz in Deutschland auf den Jahresend-Boom – nur noch bis Ende 2004 bekommen Kunden auf neu abgeschlossene Lebensversicherungspolicen die bisher geltenden Steuervorteile. Im Oktober habe das Neugeschäft schon um mehr als 50 Prozent zugelegt, sagte Perlet. Auch die Dresdner Bank, deren Absatz in den ersten drei Quartalen „eher flach“ blieb, werde davon profitieren.

Probleme bereitet dagegen die italienische Lebensversicherung. Der Umsatz ging um 11,3 Prozent auf 5,8 Mrd. Euro zurück, vor allem die Prämien aus dem Bankvertrieb brachen um 20 Prozent auf 4 Mrd. Euro ein. Das italienische Vorbild war einmal ein zentraler Antrieb für die Allianz beim Kauf der Dresdner Bank.

Teuer kommt den Konzern auch der Rückgang der gewerblichen Mieten. Auf die Immobilien im Bestand musste er in den ersten neun Monaten 548 Mio. Euro abschreiben.

Für mögliche Strafen aus den Kartellamtsermittlungen wegen angeblicher Preisabsprachen in der Industrieversicherung hat die Allianz Rücklagen gebildet, ihre Höhe wollte Perlet nicht nennen. Keine Probleme hat der Konzern dagegen mit der Untersuchung des New Yorker Generalstaatsanwalts Eliot Spitzer gegen Makler und Versicherer. „Wir sind nicht Gegenstand des Verfahrens“, sagte Perlet. Dennoch werde man alle internen Vorgänge überprüfen.

Bild(er):

Controlling-Vorstand Helmut Perlet konnte aus allen Geschäftsfeldern Positives verkünden – Marc Darchinger

Quelle: Financial Times Deutschland

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