Rückversicherer kooperiert mit US-Staatsanwalt und Börsenaufsicht SEC · Ankläger spricht vor Senatsausschuss
Von Herbert Fromme, Köln, und Heike Buchter, New York Die US-Börsenaufsicht und der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer untersuchen nach ihrer Klage gegen Makler jetzt auch die Verwendung von Finanz-Rückversicherungsverträgen in der Assekuranz. Sollten die Behörden zu negativen Ergebnissen für die Branche kommen, könnte das schwerwiegende Auswirkungen vor allem für international arbeitende Rückversicherer haben und ein lukratives Geschäftsfeld bedrohen.
Betroffen ist unter anderem die Münchener Rück. Das teilte ihre Tochter American Re im Geschäftsbericht für das dritte Quartal mit. Dort heißt es: „Die Münchener-Rück-Gruppe hat eine Mitteilung erhalten, dass die Securities and Exchange Commission sowie der Generalstaatsanwalt von New York Untersuchungen anstellen über den Verkauf und die Nutzung von bestimmten schadenmindernden Versicherungsprodukten und anderen nichttraditionellen Versicherungsprodukten. Die Münchener-Rück-Gruppe kooperiert vollständig bei all diesen Untersuchungen mit den Behörden.“
Sprecher von Swiss Re und Hannover Rück erklärten, sie hätten eine solche Mitteilung nicht erhalten. Beide sind ebenso wie Berkshire Hathaway und deren Tochter Gen Re in großem Stil in der Finanzrückversicherung tätig.
Finanzrückversicherung oder „finite reinsurance“ gibt es seit den 70er Jahren. Dabei übernimmt ein Rückversicherer weniger Risiken als bei traditionellen Rückversicherungsverträgen. Stattdessen enthält ein solcher Vertrag ein starkes Finanzierungselement. So finanziert ein Rückversicherer eine große Schadenzahlung für den Erstversicherer vor und erhält das Geld später verzinst zurück – wie ein Darlehen. Finanzrückversicherung ist nicht illegal, solange ein tatsächlicher Risikotransfer stattfindet. Einen schlechten Namen bekam sie allerdings durch die oft fehlende Transparenz. So ist für viele Anleger nicht erkennbar, ob ein Versicherer tatsächlich in einem schweren Jahr Gewinne gemacht oder nur vorfinanziert hat.
Die Münchener Rück ist indirekt auch von der Klage Spitzers gegen das weltgrößte Maklerunternehmen Marsh betroffen. Die US-Tochter Munich American Risk Partners wird in der Klageschrift genannt. Gestern bestätigte das Unternehmen, dass es Vorladungen von den Aufsichtsbehörden in den Staaten North Carolina und Texas erhalten hat. Die Aktie sackte kurzfristig um 2,2 Prozent ab, erholte sich wieder und endete mit 82,10 Euro nur 0,4 Prozent im Minus.
Die Münchener Rück gab sich gestern zu den beiden Vorgängen gelassen. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass der Konzern in illegale Geschäftspraktiken verwickelt sei, sagte ein Sprecher.
Die Furcht vor Spitzers Ermittlungen beunruhigt die Branche. Der Versicherer Platinum Underwriters von den Bermudas kündigte in der vergangenen Woche kurzfristig einen solchen Vertrag mit der Berkshire-Hathaway-Tochter National Indemnity, der nach den Hurrikans zu einer Zahlung von 22 Mio. Euro an Platinum geführt hätte. Der Vertrag laufe zu sehr auf eine Glättung der Ergebnisse hinaus, so das Unternehmen.
Spitzer trat gestern als Zeuge in einer Anhörung im US-Senat auf. Er verlangte eine Reform der US-Versicherungsaufsicht, die bisher von den einzelnen Staaten durchgeführt wird. „Es gibt eine Rolle auch für die Bundesregierung.“ Spitzer erklärte weiter, dass gegen zwei AIG-Manager und einen Mitarbeiter von Ace strafrechtliche Klagen erhoben seien, alle drei hätten Geständnisse abgelegt. „Weitere Anklagen werden folgen.“
Der US-Generalstaatsanwalt verlangte Untersuchungen zur vermehrten Gründung von Versicherungsgesellschaften außerhalb der USA, vor allem auf den Bermudas, die damit der Aufsicht entzogen seien. Auch kartellähnliche Zusammenhänge müssten genauer untersucht werden. Schließlich verlangte Spitzer Transparenz bei der Prämienfindung. Dabei müsste die Beziehung zwischen Kapitalerträgen und Versicherungspreisen sowie Gewinnen der Assekuranz offen gelegt werden.
Zitat:
„Weitere Anklagen werden folgen“ – Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer
Bild(er):
Untersuchungen von US-Staatsanwalt Spitzer beunruhigen die Versicherungs-branche – Bloomberg/David Karp
Quelle: Financial Times Deutschland
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