Pächter des World Trade Center siegt vor Gericht
Von Herbert Fromme, Köln Neun Versicherer haben vor einem New Yorker Gericht eine Niederlage hinnehmen müssen. Die Geschworenen entschieden, dass der Terroranschlag auf das World Trade Center vom 11. September 2001 unter den von ihnen genutzten Policen versicherungstechnisch zwei Ereignisse darstellt. Deshalb müssen die Gesellschaften, zu denen auch die Allianz gehört, statt 1,1 Mrd. $ möglicherweise 2,2 Mrd. $ zahlen.
„Wir werden im schlimmsten Fall 80 Mio. $ zusätzlich auf eigene Rechnung zu tragen haben“, sagte ein Allianz-Sprecher dazu. Dafür habe man Vorsorge getroffen. Das Ergebnis 2004 werde nicht negativ beeinflusst. Ob die Allianz Berufung gegen das Urteil einlegen werde, sei noch nicht entschieden. Außerdem haftet die Allianz mit weiteren 355 Mio. $, für die allerdings der französische Rückversicherer Scor eine Rückdeckung gegeben hat. Auch für Scor könnte sich die Summe also verdoppeln. Insgesamt hat die Allianz für Schäden aus dem WTC-Überfall 1,5 Mrd. $ veranschlagt.
Mehrere Verfahren
Das Urteil ändert nichts an Gerichtsentscheidungen in separaten Verfahren gegen eine Reihe anderer Versicherer aus den Monaten April und Mai 2004. Die Firmen, darunter Swiss Re, hatten Versicherungsschutz für 2,6 Mrd. $ unter einem spezifischen Vertrag, der so genannten Wilprop-Police, gewährt. Damals entschied das Gericht, dass unter Wilprop – nach dem Makler Willis und dem Wort Property für Sachdeckung benannt – der 11. September nur als ein Schadenereignis zu bewerten ist. WTC-Pächter Larry Silverstein versucht, dieses Urteil wegen Verfahrensfehlern anzugreifen.
Im jetzt entschiedenen Prozess ging es um Versicherer, die eigene Vertragsformulare oder andere Standardpolicen verwendet hatten, vor allem die des US-Versicherers Travelers. Wie hoch die Auszahlung an Silverstein sein wird, muss jetzt eine weitere Gerichtsinstanz entscheiden.
Verschiedene Policen
Silverstein hatte das World Trade Center kurz vor dem Terrorangriff gepachtet und für 3,55 Mrd. $ versichert. Er argumentierte sofort nach dem Anschlag, dass die beiden Flugzeugeinschläge vom 11. September 2001 versicherungstechnisch zwei Ereignisse waren. Daher müssten die Versicherer zweimal zahlen – die Versicherungssumme würde sich auf 7,1 Mrd. $ verdoppeln.
Als Silverstein das Gebäude versicherte, teilten sich mehr als 20 Versicherer das Risiko und gaben Deckungen auf Kurzverträgen, so genannten Slips – eine übliche Form, um Konsortien für Großrisiken zusammenzustellen. Die eigentlichen Policen wurden erst Wochen später unterzeichnet.
In diesem Fall kam es zum Schaden, bevor die ausgearbeiteten Verträge vorlagen. Silverstein, seine Anwälte und Mitarbeiter des beteiligten Maklerunternehmens Willis behaupteten, die Konsortiumsmitglieder hätten die Deckung nach der Musterpolice von Travelers gewährt. Danach bestünde die Möglichkeit, den Terrorangriff als zwei Schäden zu betrachten. Die Mehrzahl der Unternehmen beharrte jedoch darauf, dass sie die Wilprop-Standardbedingungen des Maklers Willis zugrunde gelegt hatten. Die sind in dieser Frage eindeutig.
Quelle: Financial Times Deutschland
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