Axa testet Jobverlagerung ins Ausland

Verwaltungstätigkeiten werden in Lettland und Indien erledigt · Neugeschäft legt in fast allen Sparten zu

Von Herbert Fromme, Köln Der Axa-Konzern nimmt als erster deutscher Versicherer Testläufe auf, um die Auslagerung von Verwaltungsarbeiten in Billiglohnländer zu prüfen. Das sagte der Vorstandsvorsitzende Claus Michael Dill gestern. Zunächst werden kleine Teams mit weniger als 10 Mitarbeitern im lettischen Riga und im indischen Bangalore klar definierte Aufgaben übernehmen. In Riga sollen die Mitarbeiter nicht zuzuordnende Zahlungseingänge bei der Axa mit den offenen Forderungen des Versicherers gegen seine Kunden abgleichen. In Indien soll deutschsprachiges Personal ähnlich einfache Tätigkeiten ausführen und Unklarheiten mit Vertretern per E-Mail klären.

Damit versucht erstmals ein deutscher Versicherer, die Vorteile des so genannten Offshoring zu erkunden. Banken, Fluggesellschaften, IT-Unternehmen und vor allem die Industrie nutzen schon lange die Kostenvorteile der Verarbeitung in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau. In der Assekuranz sind bisher noch keine ähnlichen Probeläufe bekannt – nicht zuletzt wegen der geringen Verbreitung der deutschen Sprache. Versicherer mit Kunden in englischsprachigen Ländern haben dagegen bereits Erfahrungen. Britische Versicherer verlegen gerade im großen Stil Callcenter und Verwaltungseinheiten nach Indien. Auch der Pariser Axa-Konzern, der auf dem indischen Markt nicht tätig ist, hat dort ein Verwaltungszentrum mit 1800 Mitarbeitern aufgebaut. Von Bangalore aus erledigen sie Vertragsbearbeitung und Kundendienst für die USA, Großbritannien, Japan und Australien. Für den französischen Markt testet die Axa ein ähnliches Programm in Marokko.

Die beiden Testläufe sind Teil des Versuchs, das 2001 begonnene gewaltige Kostensenkungsprogramm der deutschen Axa-Gruppe fortzusetzen. In den letzten drei Jahren hat der Konzern die Zahl der Vollzeitstellen von 9000 auf 7000 reduziert. „Dabei gab es keine einzige betriebsbedingte Kündigung“, sagte Dill. Statt dessen seien, wie mit dem Betriebsrat vereinbart, normale Fluktuation, Altersteilzeit und vergleichbare Regeln eingesetzt worden. Dill ist stolz auf die Erfolge. In der Autoversicherung nahm die Beitragseinnahme pro Mitarbeiter um 45 Prozent zu.

Für 2004 erwartet Dill Prämieneinnahmen von 6,4 Mrd.Euro in Deutschland, ein Anstieg um 1,3 Prozent. Der in den 90er Jahren für seine Wachstumsschwäche bekannte Konzern konnte das Neugeschäft 2004 in fast allen Sparten weiter steigern. Ausnahme war die private Krankenversicherung, in der das Neugeschäft um 29,5 Prozent absackte.

Die Lebensversicherung profitiert vom Jahresendboom und wies schon Ende November eine Steigerung um 17,1 Prozent auf 5,87 Mrd.Euro Neugeschäftsgesamtbeitrag aus. „Diese Zahl wird noch steigen“, sagte Dill. „Wir haben im November 39 000 Policen abgesetzt, sonst sind 10 000 bis 15 000 pro Monat üblich“, sagte Vorstand Heinz-Peter Roß.

In der Autoversicherung konnte die Axa zum dritten Mal in Folge den Marktanteil steigern und netto 140 000 Fahrzeuge hinzugewinnen. Jetzt hat das Unternehmen mit 2,2 Millionen Verträgen einen Marktanteil von 4,7 Prozent, sagte Vorstandsmitglied Wulf Böttger.

Bei der Überwindung der Wachstumsschwäche half der Ausbau des Mehrkanalvertriebs. Nur noch 26 Prozent der Anträge kommen über die eigenen Vermittler, weitere 26 Prozent über Makler, für den Rest sorgen Großvertriebe wie AWD und MLP, andere Kooperationspartner und das Internet.

Zum voraussichtlichen Jahresergebnis wollte Dill nichts sagen. Der Konzern unterliege den Vorschriften der US-Börsenaufsicht. Im Aktionärsbrief für das erste Halbjahr hatte der Vorstand einen Verlust für 2004 nicht ausgeschlossen. Immer noch muss die Axa Abschreibungen aus der Börsenkrise verdauen. Die aufgeschobenen Abschreibungen oder stillen Lasten sollen 2004 vollständig beseitigt sein.

Bild(er):

Aktenberg: In Riga will die Axa Zahlungseingänge prüfen lassen – Andreas Varnhorn

Quelle: Financial Times Deutschland

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