US-Versicherer wollte deutschen Unternehmen keinen Schutz mehr für Ansprüche gegen eigene Manager geben
Von Anja Krüger und Herbert Fromme, Düsseldorf Deutsche Unternehmen werden nach Ansicht des US-Versicherers Chubb in einigen Jahren keine Policen für die Managerhaftpflicht mehr bekommen, die Ansprüche gegen das eigene Führungspersonal decken. Zwar scheiterte der Versicherer mit dem Versuch, den Ausschluss der so genannten Innendeckung bei „Directors and Officers“-Policen (D&O) im deutschen Markt im Alleingang durchzusetzen. Die Konkurrenz wollte nicht mitspielen. Das wird sich aber sehr bald ändern, glauben die Chubb-Manager.
Das Risiko der Innendeckung sei ein schwer kalkulierbares Schadenpotenzial und bis zu einem gewissen Grad nicht mehr versicherbar, erklärte Bernhard Wiemann, Marketingmanager für Deutschland. „Wir haben im vergangenen Jahr versucht, den Innenausschluss im deutschen Markt als Marktstandard zu etablieren. Aber das hat nicht funktioniert“, sagte er der FTD. Die Konkurrenz hat die Gelegenheit genutzt, um ihren Marktanteil zu vergrößern.
Chubb gehört zu den Pionieren auf dem deutschen D&O-Markt. Die Gesellschaft hat vor 26 Jahren mit dem Verkauf der Policen in Deutschland begonnen, andere Anbieter – heute sind es 15 – erst in den 90er Jahren.
Mit D&O-Policen sichern Unternehmen ihr Führungspersonal gegen Ansprüche ab, die aus deren Berufstätigkeit entstehen. Dabei werden zwei verschiedene Schadenfälle unterschieden: Bei der so genannten Innenhaftung macht das Unternehmen selbst seinen Manager wegen falscher Entscheidungen haftbar. Bei der Außenhaftung soll der Versicherer Dritte entschädigen.
In beiden Fällen kann es um große Summen gehen. So verlangt die Lufthansa von den Versicherern wegen ungünstiger Vertragsabschlüsse des früheren Chefs ihrer Catering-Tochter LSG 250 Mio. Euro. Nach der Fusion von Daimler und Chrysler fühlten sich Chrysler-Aktionäre getäuscht. DaimlerChrysler zahlte 300 Mio. $ und holte sich davon 220 Mio. $ von den D&O-Versicherern.
Statistiken über den Schadenaufwand gibt es nicht, manche Branchenkenner schätzen, dass für jeden zehnten der 10 000 bis 12 000 D&O-Verträge in Deutschland ein Schaden gemeldet wird. Der überwiegende Teil davon entfällt auf die Innenhaftung. „Die letzten Jahre waren in der D&O nicht die besten“, sagte Thierry Daucourt, bei Chubb als Country-Manager für Deutschland und die Schweiz zuständig. Angaben zu Prämieneinnahmen und Schadenvolumen will Chubb nicht machen. Das D&O-Prämienvolumen beträgt für Deutschland branchenweit schätzungsweise etwa 300 Mio. bis 350 Mio. Euroim Jahr. Dem dürfte ein Schadenaufwand von mehr als 1 Mrd. Euro allein in den vergangenen beiden Jahren gegenüberstehen. „Wenn wir D&O langfristig über 20, 30 Jahre anschauen, ist es aber nach wie vor ein gutes Geschäft“, sagte Daucourt.
Der Versuch, den Ausschluss der Innendeckung durchzusetzen, war für Chubb schmerzhaft: Noch 2002 lag der Versicherer mit einem D&O-Marktanteil von 40 Prozent Kopf an Kopf mit dem Konkurrenten American International Group (AIG). Jetzt hat AIG Chubb deutlich hinter sich gelassen. „Wir waren unter den Top drei und sind jetzt unter den Top fünf“, sagte Daucourt. Profitiert hat vor allem ACE, ebenfalls ein amerikanischer Versicherer. Die Gesellschaft hatte vorher nur einen kleinen Marktanteil, jetzt liegt sie hinter dem Marktführer AIG und vor der Allianz. Zu den großen Anbietern in diesem Segment gehört außerdem VOV, ein Zusammenschluss von sieben Versicherern, unter anderen Aachener und Münchener sowie Gothaer.
Chubb ist überzeugt, dass auch die Konkurrenz über kurz oder lang zu dem Schluss kommt, dass sich die Übernahme von vollen Innenhaftungsrisiken dauerhaft nicht rechnet. In den USA decken die Versicherer Ansprüche gegen das eigene Management heute schon kaum noch. Vorerst hat der Versicherer den grundsätzlichen Ausschluss von Innenhaftungsrisiken in Deutschland jedoch aufgegeben. „Wir gehen jetzt andere Wege“, sagte Daucourt. Dazu gehören die Herabsenkung von Haftungsobergrenzen und die Erhöhung von Selbstbehalten.
Zitat:
„Langfristig ist D&O ein gutes Geschäft“ – Thierry Daucourt, Länderchef Chubb
Bild(er):
Thierry Daucourt ist Länderchefdes US-Versicherers Chubb in Deutschland und der Schweiz – FTD/Henning Kaiser
Quelle: Financial Times Deutschland
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