Autoversicherer verdoppeln Höchstdeckung

Obergrenze der Haftung bei 100 Mio. Euro · ADAC setzt sich durch · Rückversicherer stimmen zähneknirschend zu

Von Herbert Fromme, Köln Die R+V-Tochter Kravag, die Zürich-Konzerngesellschaft Deutscher Herold und die HUK Coburg erweitern als erste deutsche Autoversicherer die Höchsthaftung für Neukunden von 50 Mio. Euroauf 100 Mio. Euro. Kravag und Deutscher Herold führen den neuen Tarif über ihre Kooperation mit dem ADAC zum 1. März ein, die HUK Coburg zum 1. April. Entsprechende Informationen der FTD bestätigten Sprecher der Unternehmen.

Weitere Gesellschaften dürften sich anschließen, hieß es in Branchenkreisen. Marktführer Allianz will noch abwarten. „Wir haben keine aktuellen Pläne, schauen uns aber natürlich genau an, was im Markt passiert“, sagte ein Sprecher.

Bisher haben alle deutschen Autoversicherer bei Neuverträgen Schäden über 50 Mio. Euro ausgeschlossen. Damit folgten sie den Vorgaben der Rückversicherer. Sie hatten nach dem 11. September 2001 eine entsprechende Begrenzung in ihren Rückdeckungsverträgen eingeführt und damit die bis dahin in Deutschland geltende unbegrenzte Haftung abgeschafft.

Die Rückversicherer fürchten den Einsatz von Fahrzeugen als Terrorwaffen mit gigantischen Schäden. Außerdem passen unbegrenzte Deckungen nicht mehr zu den Risikokapitalmodellen der Rückversicherer. Bestehende Verträge waren nicht von der Neuregelung betroffen, für sie gilt weiter die unbegrenzte Haftung.

Vor allem der Automobilklub ADAC protestierte. Der Club ist zwar nicht gegen die Einführung einer Obergrenze, aber gegen die Höhe. Die 50 Mio. Euro seien nicht ausreichend. Als Beleg diente dem ADAC der Großschaden vom 26. August 2004 auf der Wiehlbachtalbrücke bei Gummersbach. Ein Auto bedrängte einen Tank-Lkw, der von einer Brücke stürzte. Das brennende Benzin der Ladung beschädigte die Brücke schwer. Die Versicherer schätzen diesen Schaden auf rund 33 Mio. Euro. Auch Schäden über 50 Mio. Euro seien sehr wohl möglich, und würden dann zum Ruin des betreffenden Autofahrers führen, fürchtet der ADAC.

Der Verband setzte seine eigenen Versicherungspartner Kravag und Deutscher Herold in Marsch. Sie waren die ersten Gesellschaften, die entsprechende Rückversicherungsprogramme für Deckungen bis 100 Mio.Euro suchten.

Gleichzeitig nutzte die Autofahrer-Lobbyorganisation ihre regelmäßigen Gesprächsrunden mit allen Autoversicherern, um ihre Forderung anzubringen. Die kombinierte Taktik hatte Erfolg. Es dürfte jetzt nur noch eine Frage der Zeit sein, bis alle großen Autoversicherer die Obergrenze hochsetzen.

Ohne Rückversicherungsschutz könnte sich diesen Schritt aber kaum ein Erstversicherer leisten. Die Rückversicherer hatten sich lange heftig widersetzt, mussten jetzt aber zustimmen. „Das hat allerdings seinen Preis“, sagte ein Rückversicherungsmanager. „Umsonst gibt es diese Deckung nicht.“

Größter Rückversicherer der HUK Coburg ist die Eisen + Stahl Rück (E+S), die zur Hannover Rück gehört. An der E+S ist die HUK Coburg mit sieben Prozent beteiligt.

Der Wiehlbachtalschaden liegt zum größten Teil bei Rückversicherern. Die zur Gothaer gehörende Asstel, die den unfallverursachenden BMW versichert hatte, muss maximal 100 000 Euro zahlen. Die Münchener Rück hat dagegen 17 Mio. Euro für den Schaden reserviert, betroffen ist auch die Hannover Rück mit einer ähnlich hohen Summe.

Zitat:

„Wir schauen uns genau an, was im Markt passiert“ – Allianz-Sprecher

Bild(er):

Ein Unfall auf der Wiehlbachtalbrücke bei Gummersbach war der Auslöser für die Forderungen des ADAC, die Obergrenze der Haftung zu erhöhen – ddp/Torsten Silz

Quelle: Financial Times Deutschland

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