Der Gründer und Vorstandsvorsitzende des Finanzvertriebs AWD hat die Mehrheit an dem Unternehmen aufgegeben. Carsten Maschmeyer und seine Familie verkauften am Samstag 7,6 Mio. Stück, das entspricht 20 Prozent der Aktien, für 31 Euro – insgesamt 235,6 Mio.Euro. Damit lag der Verkaufskurs unter dem Kurs von 33 Euro, zu dem AWD-Aktien am Freitag gehandelt wurden. Die Maschmeyer-Familie hält nun noch 31 Prozent. Vom Streubesitz sind 60 Prozent in der Hand ausländischer Aktionäre.
Die Familie reagierte nach Aussage eines Sprechers mit dem Verkauf auf Wünsche von Großinvestoren: „Er hat sich von den Investoren bedrängen lassen.“ Sie hätten bei einer Roadshow in den USA und Europa von Maschmeyer eine Erhöhung des Streubesitzes gefordert. Eine höhere Liquidität durch die Ausweitung des Free Floats mache die Aktie für diese Investoren attraktiver. Im MDax bekomme AWD jetzt größeres Gewicht. „Da geht es nach dem Börsenwert des Free Floats und nicht des gesamten Unternehmens“, sagte der Sprecher. AWD steige jetzt wohl von Platz 37 auf Platz 25 im Ranking.
AWD verkauft mit 6000 Vertretern in elf Ländern Versicherungen und Finanzanlagen für andere Firmen gegen Provision. Vom Provisionsumsatz von 686 Mio. Euro im Jahr 2004 stammten 56 Prozent aus Deutschland. Überlegungen, die Familie habe Kasse machen wollen, weil sie schwere Zeiten für das Geschäftsmodell erwartet, seien Unsinn. Der 45-jährige Maschmeyer werde Vorstandschef bleiben und das Unternehmen mit langfristigem Engagement führen: „Der Anteil der Familie am Unternehmen wäre in diesen Tagen durch das Aktienoptionsprogramm für Mitarbeiter ohnehin unter die 50 Prozent gerutscht.“
Haupteinnahmequelle für AWD war bisher der Verkauf von Lebensversicherungen. Nach der Abschaffung des bisherigen Steuerprivilegs für Kapitallebensversicherungen ist es aber unwahrscheinlich, dass der Boom anhält. Maschmeyer ist dennoch fest davon überzeugt, dass sein Unternehmen in Deutschland zu den Gewinnern der Rentenreform gehören wird.
Gleichzeitig forciert er das Auslandsgeschäft. Vor zwei Wochen übernahm AWD den britischen Vertrieb Chase de Vere für 30 Mio. Euro von der Bank of Ireland. Der Deal demonstrierte Maschmeyer auch die Vergänglichkeit von Unternehmenswerten: Die Bank hatte Chase de Vere 2000 noch für 160 Mio.Euro gekauft.
Vor einer möglichen Übernahme hat AWD auch nach der Aufgabe der Mehrheit keine Angst. „Ein möglicher Käufer hätte keine Chance, die für strategische Entscheidungen nötige 75-Prozent-Mehrheit zu erzielen“, sagte der Sprecher.
Quelle: Financial Times Deutschland
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