Auch mit mutigen Voraussagen zu den Ergebnissen der kommenden Jahre hat der Finanzkonzern Allianz gestern die Investoren nicht für sich begeistern können. Die Aktie verlor 1,5 Prozent auf 97,25 Euro.
Dabei hatte Unternehmenschef Michael Diekmann einen soliden Jahresgewinn von 2,2 Mrd. Euro für 2004 vorgelegt, immerhin ein Plus von 16 Prozent. Operativ verdiente die Allianz 2004 sogar knapp 70 Prozent mehr. Auch das Sorgenkind Dresdner Bank steuerte einen kleinen Gewinn bei. Für 2005 kündigte Diekmann an, „noch eine Schippe draufzulegen“, und deutete auf einen Gewinn nach Steuern zwischen 3 und 4 Mrd. Euro. Von der erwarteten Steigerung werden allerdings rund 1 Mrd. Euro aus einer Änderung der internationalen Bilanzierungsvorschriften stammen. Nach 2005 soll der Konzernertrag jedes Jahr um mindestens zehn Prozent steigen. Die Messlatte ist für Diekmann nach wie vor die hoch profitable American International Group.
Die mutigen Ankündigungen und selbst die Dividendenerhöhung von 1,50 Euro auf 1,75 Euro halfen nichts – die Aktie gab nach. Dabei handelt es sich nicht um einen Ausrutscher. „Die Entwicklung der Allianz-Aktie, das gebe ich ohne Umschweife zu, hat noch immer nicht unsere Erwartungen erfüllt“, sagte Diekmann. Der Kursverlauf über das Gesamtjahr hinweg sei enttäuschend gewesen. Diekmann kann sich die Reaktion der Finanzmärkte nicht erklären. In den Gesprächen mit Investoren seien die Verbesserungen durchaus anerkannt worden, das habe sich aber nicht im Aktienkurs gezeigt. „Offenbar war das Vertrauen nach den jüngsten Kapitalmarktschocks noch nicht gefestigt genug.“ Insbesondere das relativ hohe Engagement der Allianz in Aktien sei skeptisch betrachtet worden.
Noch nie in seiner Geschichte hat sich Deutschlands führender Versicherungskonzern so uneingeschränkt nach den Vorgaben der Finanzmärkte ausgerichtet wie unter Diekmann. Die Aktienquote wurde von mehr als 37 Prozent in den Hochzeiten des Aktienbooms auf 13 Prozent abgebaut, die Beteiligungen an der deutschen Industrie radikal reduziert. Auch die von internationalen Investoren geschätzte Transparenz beim Toppersonal lieferte die Allianz und veröffentlichte die Einzelgehälter der Vorstandsmitglieder.
Zu Diekmanns Strategie gehört neben der Kapitalmarktphilosophie das Bekenntnis zum Allfinanzgedanken, der Grund war für den Kauf der Dresdner Bank für 26 Mrd. Euro im Jahr 2000. Mit einer Verkaufsoffensive von Bankprodukten wie Kreditkarten, Konten und Krediten durch Versicherungsvertreter will Diekmann die universelle Beratung seiner Klienten aus einer Hand forcieren und neue Kunden für die Bank gewinnen. Dafür will er ihnen Zeit lassen. „Das hat beim Verkauf von Fonds über die Vertreter drei bis vier Jahre gedauert.“ Er ist fest davon überzeugt, dass es einen Bedarf nach fachlich guter Beratung aus einer Hand gibt.
In den kommenden Jahren will Diekmann die Vorteile des international aufgestellten Konzerns nutzen. So sollen die Fachleute der besten Landesgesellschaften in einem bestimmten Geschäftsfeld die Wettbewerbsfähigkeit der Kollegen in anderen Regionen steigern. Auch für die Ausrichtung auf die Kundeninteressen hat die Allianz eine Initiative gestartet. So werden Erfahrungen der US-Fondstochter Pimco mit der systematischen Verbesserung von Kundenbeziehungen bei anderen Allianz-Gesellschaften eingeführt.
Ein Hoffnungsschimmer, der auf eine künftig wohlwollendere Betrachtung der Allianz durch die Kapitalmärkte hindeutet, kam gestern von der viel beachteten Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P). Sie ließ ihr Urteil über die Allianz auf dem Stand „AA-“, kündigte aber an, den negativen Ausblick des Unternehmens zu überprüfen. Bisher sei man nicht überzeugt gewesen, dass die Allianz die Ergebnisse aus der Schaden- und Unfallversicherung angesichts des sich abschwächenden Marktes halten und aus den anderen Geschäftsfeldern höhere Erträge generieren könne, teilte S&P mit. Angesichts der fundamentalen Verbesserungen des Allianz-Gewinns überdenkt S&P diese Zweifel gerade.
Quelle: Financial Times Deutschland
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