Kartellamt geht gegen Assekuranz vor

Das Bundeskartellamt wird heute Einzelheiten des Verfahrens gegen Industrieversicherer wegen illegaler Preisabsprachen bekannt geben. Die Bußgeldbescheide werden den meisten Unternehmen heute zugestellt. Nach FTD-Informationen aus Branchenkreisen hat das Kartellamt Bußgelder gegen Unternehmen und Manager von 120 Mio. EuroEuro festgesetzt. Das Kartellamt kann Bußgelder bis zur dreifachen Höhe der durch die Preisabsprachen erzielten Mehreinnahmen festlegen.
Die meisten Gesellschaften hatten gestern noch keine Post aus Bonn. Die Axa dagegen hatte von ihren Anwälten den Bescheid bei der Behörde abholen lassen. „Wir legen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, weil wir der Rechtsauffassung sind, dass es keine Absprache mit der Folge des Mehrerlöses gegeben hat“, sagte ein Sprecher. Über die Höhe des Bescheides wollte er nichts sagen.
Auch die Münchener-Rück-Tochter Victoria Versicherung will Rechtsmittel einlegen. Um die Victoria hatte es gestern zunächst Verwirrung gegeben. Ein Sprecher hatte der Agentur Reuters irrtümlich erklärt, dass die Gesellschaft bereits einen Bußgeldbescheid erhalten hatte. „Uns liegt noch nichts vor“, korrigierte er später. Die Victoria rechne jedoch damit, dass sie einen Bußgeldbescheid über einen „niedrigen einstelligen Millionenbetrag“ erhalten werde.
Andere Versicherer dürften zunächst innerhalb der knappen Frist von zwei Wochen Einsprüche gegen die Bescheide einlegen, um sich alle Möglichkeiten offen zu lassen. Allerdings gibt es bei manchen auch den Wunsch, die Affäre möglichst schnell aus der Welt zu schaffen – wenn nötig durch Zahlung des Bußgelds. So hatte Reiner Hagemann, Chef der Allianz Sachgruppe, schon 2003 erklärt, er könne nicht ausschließen, dass gegen geltendes Recht verstoßen worden sei. Dieser Schmusekurs gegenüber den Kartellbehörden ist allerdings in der Branche höchst umstritten.
Die Ermittlungen des Amtes richteten sich unter anderem gegen Allianz, AMB Generali, Axa, Gerling, Gothaer, Mannheimer, Talanx/HDI, die Victoria und die W&W-Tochter Wüba. Aus dem Lager der öffentlichen Versicherer gerieten die Provinzial-Gesellschaften in Münster, Düsseldorf und Kiel, die Versicherungskammer Bayern, die fusionierten Sparkassenversicherer in Baden-Württemberg und Hessen-Nassau-Thüringen sowie die Versicherungsgruppe Hannover ins Visier der Kartellwächter.
Die Behörde hatte die Untersuchung gegen Industrieversicherer wegen illegaler Preisabsprachen vor mehr als zwei Jahren aufgenommen. Sie beruht auf Material, das Ermittler bei Hausdurchsuchungen im Juli 2002 in Büros von neun Unternehmen sicherstellten. Hinweise auf Preisabsprachen hatte die Behörde unter anderem von dem Makler Gero Knott aus Homburg und einer früheren Generalagentin der Gothaer bekommen.
In der Industrieversicherung hatten die Unternehmen jahrelang hohe Verluste eingefahren und 2000 begonnen, die Preise zu erhöhen. Bei den Hausdurchsuchungen stellten die Ermittler zahlreiche Aktennotizen über Treffen von Versicherern in Arbeitskreisen und informellen Gruppen und beim Fachausschuss des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft sicher.
Die Notizen waren zum Teil für den eigenen Bedarf der Manager handschriftlich festgehalten, gelegentlich auch als Memo oder Mail an Mitarbeiter verteilt worden. Daraus geht hervor, dass sich Versicherer gegenseitig zusicherten, die jeweils führende Gesellschaft bei Industrie- und Gewerbepolicen nicht über den Preis anzugreifen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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