Die Bundesregierung plant weitreichende Erleichterungen für die Assekuranz bei der Stärkung des Eigenkapitals. Die Unternehmen können künftig deutlich mehr Hybridkapital aufnehmen als bisher. Der neu gefasste Paragraf 53c des Versicherungsaufsichtsgesetzes soll mit einer Reihe weiterer Gesetzesänderungen Anfang Juni vom Bundestag verabschiedet werden.
Statt wie bisher 25 Prozent darf das Hybridkapital künftig 50 Prozent der Eigenmittel eines Versicherers ausmachen. Gleichzeitig wird die Berechnungsgrundlage geändert. Künftig bezieht sich diese Höchstgrenze auf alle Eigenmittel eines Versicherers und nicht mehr auf das Eigenkapital im engeren Sinn – also Grundkapital, Rücklagen und Gewinnvortrag. Das bringt vor allem große Erleichterungen für Lebens- und Krankenversicherer, bei denen auch die den Kunden zustehenden Rückstellungen für Beitragsrückerstattung sowie für Schlussüberschussanteile als Eigenmittel zählen.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte die Änderung. „Damit wird endlich eine europäische Regelung in deutsches Recht umgesetzt“, sagte Ulrich Krüger, Leiter der Abteilung für Kapitalanlagen. Das sei keine Sonderbehandlung der deutschen Versicherer. „Im Gegenteil, bisher war der deutsche Gesetzgeber besonders restriktiv.“ Künftig herrsche Wettbewerbsgleichheit in Europa.
Hybridkapital bilden die Unternehmen durch die Ausgabe von Genussscheinen oder nachrangigen Anleihen. Genussscheine sind handelbare Wertpapiere mit einer Zwischenstellung zwischen Aktie und Anleihe. Die Inhaber haben das Recht auf Ausschüttung aus dem Gewinn und Rückzahlung zum Nennwert, aber kein Stimmrecht. Bei nachrangigen Anleihen werden die Inhaber im Fall der Insolvenz erst nach anderen Gläubigern des ausgebenden Unternehmens bedient.
Hybridkapital darf nur bei mindestens fünfjähriger Laufzeit als Eigenmittel gezählt werden. Nach dem Gesetzentwurf darf die Finanzaufsicht BaFin den Versicherern künftig gestatten, es vorzeitig zurückzuzahlen.
Hybridkapital geht in die Berechnungen der Versicherungsaufsicht für die notwendigen Eigenmittel von Versicherern, die so genannte Solvabilität, ein. Auch die Rating-Agenturen erkennen innerhalb bestimmter Grenzen Hybridkapital bei ihren Bewertungen der Kapitalstärke an.
Zahlreiche Unternehmen haben Formen von Hybridkapital genutzt, dazu gehören Allianz, Münchener Rück, Gerling, Hannover Rück, Gothaer und viele andere. Vor allem für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit ist das ein sehr wichtiges Instrument – sie haben keine Aktionäre, sondern „gehören“ ihren Kunden. Der Aktienmarkt ist ihnen verschlossen, sie müssen ihre Eigenmittel im Wesentlichen aus den Gewinnen und eben aus Hybridkapital bilden.
Die Änderung hat deshalb so große Bedeutung, weil sie es den Versicherern erleichtert, die schärferen Anforderungen der EU-weiten Regeln für Eigenmittel der Versicherer zu erfüllen. Nach diesen Solvency-II-Vorschriften müssen Unternehmen Eigenkapital je nach Risiko sowohl auf der Versicherungs- wie auf der Kapitalanlageseite vorhalten.
Quelle: Financial Times Deutschland
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