Mindestens zwei große Lebensversicherer haben trotz der allgemeinen Erholung der Branche 2004 erneut nicht alle Stresstests der Finanzaufsicht BaFin bestanden. Nach Informationen der FTD aus Versicherungskreisen ist die Gothaer Leben durch alle drei Stresstests durchgefallen. Die Axa Leben erfüllte die Bedingungen bei zwei Szenarien, nicht allerdings bei einem simulierten Verfall der Aktienkurse um 35 Prozent.
Stresstests dienen der Finanzaufsicht als Frühwarnsystem. Die Lebensversicherer sollen auch bei extremen Veränderungen im Kapitalmarkt ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden jederzeit erfüllen können. Verfehlt ein Versicherer einen Test, sollte er seine Kapitalanlagepolitik ändern und seine Eigenmittel stärken. Die Axa Leben ist die Nummer acht der deutschen Lebensversicherer, die Gothaer Leben liegt auf Platz 16. In Deutschland sind mehr als 120 Lebensversicherer tätig.
Drei Stress-Szenarien
Der Stresstest, den die BaFin zusammen mit der Assekuranz erarbeitet hat, sieht drei Szenarien vor. Der Test „R 10“ (Renten 10) stellt fest, ob das Unternehmen bei einem Kursrückgang festverzinslicher Wertpapiere um 10 Prozent alle Verpflichtungen erfüllen kann. Der Test „A 35“ (Aktien 35) simuliert einen Kursrückgang der Aktien um 35 Prozent. Der „RA 25“ (Renten/Aktien 25) geht von einem Kursrückgang der Aktien um 20 Prozent und einem gleichzeitigen Kursrückgang festverzinslicher Wertpapiere um 5 Prozent aus. In allen drei Tests werden Bonitätsrisiken aus den Wertpapieren berücksichtigt, welche die Versicherer halten.
Ein Sprecher der Gothaer bestätigte, dass der Lebensversicherer erneut die Vorgaben der Finanzaufsicht nicht erfüllen konnte. Er begründete das mit der Systematik der Tests, nach der alternative Kapitalanlagen wie Aktien behandelt werden. Das sei aber von der Risikolage der Anlagen her nicht gerechtfertigt.
Ein Sprecher der Axa sagte, alle Konzerngesellschaften außer der Axa Leben hätten die Stresstests bestanden. „Die Axa Lebensversicherung hat den Stresstest A 35 nicht bestanden, da das vorhandene Hybridkapital in der gegenwärtigen Systematik des Stresstests nicht berücksichtigt wird.“ Würde das Hybridkapital eingerechnet, hätte die Axa Leben auch diesen Test „komfortabel bestanden“. Hybridkapital wird aus langfristigen, nachrangigen Anleihen oder Genussscheinen gebildet und von den Rating-Agenturen nur in bestimmten Grenzen als Eigenkapitalersatz anerkannt.
Altlasten bei Gothaer
Die meisten deutschen Lebensversicherer hatten sich 2004 von den schwersten Folgen der Aktienkrise erholt, in der die Assekuranz mehr als 50 Mrd. Euro verloren hatte. Inzwischen sind diese Verluste größtenteils verdaut. Allerdings haben die Lebensversicherer deutlich weniger Reserven als vor der Krise. Vor allem die seit Anfang der neunziger Jahre sinkenden Zinsen bereiten den Unternehmen seit Jahren Probleme.
Die Gothaer Leben gehörte – unter dem damaligen Finanzvorstand Reinhard Blei – zu den wenigen deutschen Versicherungsunternehmen, die kräftig in alternative Finanzanlagen investiert hatten. Blei verließ 2004 die Gothaer im Rahmen eines Management-Buyouts für die Asset-Management-Gesellschaft Capiton. Inzwischen ist der Konzern auch unter dem Druck der BaFin zu einer konservativeren Anlagepolitik zurückgekehrt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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