Credit Suisse strebt die volle Übernahme der Versicherungstochter DBV-Winterthur an. Mit dem anderen Großaktionär des Versicherers, der DBV Öffentlichrechtliche Anstalt für Beteiligungen, führt die Schweizer Bank Gespräche über eine Änderung der Eigentümerstruktur des Unternehmens. Das sagte Frank Keuper, Vorstandschef von DBV-Winterthur, gestern vor Journalisten. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Dem Vernehmen nach will Credit Suisse den Minderheitsaktionär der deutschen Tochter gerne abfinden. Damit würde die Bank ihrem Ziel, die Versicherungsgruppe zu verkaufen oder in Ermangelung eines kaufkräftigen Interessenten an die Börse zu bringen, deutlich näher kommen.
Credit Suisse/Winterthur halten 71,7 Prozent, 25 Prozent liegen bei dem anderen Großaktionär, der Rest ist im Streubesitz. Die Anstalt wurde 1990 gegründet, als die frühere Öffentlich-Rechtliche Lebens- und Rentenanstalt unter dem Namen DBV-Winterthur an die Börse gebracht wurde. Sie dient der Vertretung der Interessen der damaligen Versicherungskunden. Sie erhielten bereits den größten Teil des Verkaufserlöses. Bis 2010 soll die Anstalt die 25 Prozent verkaufen und den Erlös den damaligen Kunden auszahlen.
Als Credit Suisse 2004 Winterthur verkaufen wollte, war die Existenz der Anstalt als Minderheitsaktionär in Deutschland ein Negativfaktor, der dazu beitrug, dass kein Interessent die geforderten 8,5 Mrd. Schweizer Franken zahlen wollte. Gelingt Credit Suisse die Übernahme der 25 Prozent, ist Winterthur viel leichter zu verkaufen.
DBV-Winterthur versucht inzwischen, nach den Vorgaben der Zentrale das Unternehmen fit zu machen. In den vergangenen Jahren litt der Versicherer an schrumpfendem Marktanteil und hohen Verlusten. Jetzt konnte Vorstandschef Keuper, der seit dem 1. August 2004 das Unternehmen führt, erste Erfolge melden. Der Überschuss betrug 42 Mio. Euro, verglichen mit einem Verlust von 89 Mio. Euro im Vorjahr. Das Unternehmen konnte die Beitragseinnahmen um 3,4 Prozent auf 3,54 Mrd. Euro steigern. Im Vorjahr meldete Keupers Vorgänger Hartmut Nickel-Waninger einen leichten Rückgang um 2,2 Prozent.
Für das laufende Jahr erwartet Keuper eine weitere Gewinnsteigerung. Über die Höhe könne man noch nichts sagen. Die Messlatte liegt hoch. Die Konzernzentrale in Zürich verlangt einen Gewinn von zwölf Prozent auf das eingesetzte Kapital, das wären knapp 100 Mio. Euro.
Keuper und seine Kollegen haben deshalb ein erneutes Sparprogramm entworfen. Innerhalb von drei Jahren sollen 550 der 3718 Vollzeitstellen wegfallen. „Wir wollen das ohne betriebsbedingte Kündigungen erreichen“, sagte Keuper. Das Rationalisierungsprogramm hilft kaum dabei, die durch die fehlgeschlagenen Verkaufsbemühungen der Mutter und durch die Entmachtung des früheren Vorstandschefs angeschlagene Moral der Angestellten und Vertreter zu verbessern.
Als Zukunftsmodell hat Keuper dem Unternehmen die Konzentration auf die Geschäftsfelder öffentlicher Dienst und privatisierter öffentlicher Dienst, Ärzte und Heilwesen sowie kleine und mittlere Unternehmen verordnet. Zugleich wird eine billigere Zweitmarke etabliert, die nach dem Vorbild der Axa für mehr Wachstum bei preissensiblen Kunden sorgen soll, zunächst in der Autoversicherung.
Noch stottert der Wachstumsmotor. Im ersten Quartal verkaufte der Lebensversicherer 50 Prozent weniger als im keineswegs guten ersten Quartal des Vorjahrs und lag zehnProzent unter dem Plan. Zum Teil lag das an Vorzieheffekten durch den Lebensversicherungsboom Ende 2004. Vertreter und Makler setzten im laufenden Jahr vor allem Sterbegeldversicherungen ab. Erst jetzt kommt DBV-Winterthur mit neuen Vertragsmodellen auf den Markt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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