Die dänische Reederei AP Möller-Maersk macht Ernst: Gestern unterbreitete sie wie erwartet ein Angebot für den Rivalen P&O Nedlloyd. Maersk, Nummer eins in der Containerschifffahrt, bietet 57 Euro je Aktie für den niederländischen Wettbewerber. Das entspricht einem Preis von 2,3 Mrd. Euro für den drittgrößten Reeder, ein Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs von Montag. Die Übernahmegespräche waren am Dienstag bekannt geworden. Der gestrige Schlusskurs lag mit 56,75 Euro schon nahe am Übernahmeangebot. Wie AP Möller-Maersk mitteilte, könnte der Kauf nach einer Zustimmung durch die Behörden Ende Juli perfekt sein.
Maersk Sealand, die Containersparte von AP Möller-Maersk, baut mit dem Kauf ihre Marktmacht weiter aus. Nach der Übernahme steht auf der Maersk-Flotte Schiffsplatz für 1,5 Millionen Standardcontainer zur Verfügung, mehr als doppelt so viel wie bei der zweitplatzierten Mediterranean Shipping Company. In der Branche sind die Kapazitäten knapp geworden. Seit drei Jahren legt die Nachfrage nach Ladefläche fast dreimal so stark zu wie die Weltwirtschaft. Immer mehr DVD-Spieler, T-Shirts und Spielzeug werden billig in Fernost produziert und per Containerschiff in die Industrieländer transportiert. Die Werften kommen mit dem Bau neuer Schiffe nicht nach. Nach Angaben der Branchenkenner von Clarkson Research summieren sich die Aufträge für neue Schiffe zurzeit auf 52 Prozent der aktiven Flotte.
„Beim derzeitigen Mangel an Ladekapazität wäre es uns kaum möglich, in den kommenden drei bis vier Jahren organisch zu wachsen“, sagte AP-Möller-Maersk-Chef Jess Söderberg der Nachrichtenagentur Reuters. Maersk, für die heute schon 850 Containerschiffe unterwegs sind, kauft sich jetzt weitere 502 ein.
Das Management von Nedlloyd empfahl seinen Aktionären, das Angebot anzunehmen. Der britische Hafenbetreiber P&O, der 25 Prozent an Nedlloyd hält, hat schon angekündigt, seine Anteile an AP Möller-Maersk abzugeben. Allerdings schürte die Nedlloyd-Spitze Hoffnung auf noch bessere Angebote. „Das Gebot von Maersk kam unaufgefordert. Wenn jemand anders bei der Party dabei sein will, werden wir uns das ansehen“, sagte Nedlloyd-Chef Philip Green in einem Fernsehinterview.
Angesichts des hohen Preises gilt ein Bieterkampf um den niederländischen Reeder aber als wenig wahrscheinlich. „Wenn man die Bewertungen anderer Unternehmen der Branche betrachtet, liegt das Angebot am oberen Ende der Bandbreite“, sagte Tue Östergaard, Analyst der WestLB. Dabei gehört Nedlloyd mit einer Umsatzrendite von sechs Prozent zu den weniger profitablen Unternehmen der Branche. Maersk schaffte 2004 zehn Prozent. „Dieser Preis zu diesem Zeitpunkt überrascht vielleicht. Aber Maersk McKinney Möller ist bekannt dafür, dass er sich bei seiner Strategie nicht um den Kapitalmarkt schert“, sagte ein Branchenkenner. Der 91 Jahre alte McKinney Möller, Sohn des Unternehmensgründers, hält über die Hälfte an AP Möller Maersk.
„Der Preis dürfte die möglichen Synergien widerspiegeln“, sagte Analyst Östergaard. AP Möller Maersk äußerte sich gestern nicht zu erwarteten Ersparnissen, sie würden aber „substanziell“ ausfallen. Nedlloyd rechnet mit dem Abbau von 1500 Arbeitsplätzen binnen drei Jahren.
In der Branche wurde die Übernahme weitgehend gelassen aufgenommen. „Wir rechnen nicht mit Auswirkungen auf die verladende Wirtschaft“, sagte Klaus Herms, Vorstandschef des Luft- und Seefrachtlogistikers Kühne + Nagel. Maersk steigert den Marktanteil durch den Kauf von 12 auf 18 Prozent. „Eine Wettbewerbsverzerrung dürfte da noch nicht zu erwarten sein“, sagte Herms. Axel Steffen, Vorstand von Hansa Treuhand, einem Emissionshaus für Schiffsfonds, äußerte sich zurückhaltender: „Die beiden gemeinsam haben eine so große Marktmacht, dass sie einen gewissen Druck ausüben können auf die Charterraten.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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