Die Fondsbranche macht sich weiter Mut. Zwar ist das Engagement der Versicherungswirtschaft bei Hedge-Fonds bisher verschwindend gering. Aber die Manager der alternativen Anlageklasse sind sich sicher: Irgendwann werden die größten Kapitalanleger der Republik auf ihre Angebote zurückgreifen müssen.
Auf den ersten Blick spricht tatsächlich einiges dafür. In der Assekuranz herrscht Anlagenotstand. Jeden Tag müssen die Unternehmen mehr als 1 Mrd. Euro frisch anlegen. Die Branche verwaltet Kapitalanlagen von mehr als 1000 Mrd. Euro, davon entfallen 620 Mrd. Euro auf die Lebensversicherung. Hier müssen die Versicherer rund 3,5 Prozent verdienen – das sind die durchschnittlichen Garantien, die sie ihren Kunden gegeben haben. Bei Neuanlagen in festverzinsliche Wertpapiere erzielen sie aber heute weniger als vier Prozent. Da wird es für viele Gesellschaften bereits knapp. Die Aktien bringen kaum Rettung – hier hat die Assekuranz nach den schlimmen Erfahrungen des Börsencrashs ihr Engagement drastisch reduziert. Im Durchschnitt haben die Gesellschaften heute weniger als neun Prozent der Kapitalanlagen in Aktien. Ein Renditeturbo wie Hedge-Fonds käme da eigentlich gerade recht. Aber dennoch zögert die Assekuranz hier zu Lande. Dafür gibt es gleich eine Reihe von schwer wiegenden Gründen.
Selbst Marktführer Allianz Leben setzt das Instrument kaum ein, obschon der Konzern selbst mit Allianz Hedge Fund Partners einen Anbieter besitzt. „Wir prüfen Investments in Hedge-Fonds, sind aber noch nicht engagiert“, sagte Vorstandsmitglied Maximilian Zimmerer schon Ende 2004. Das hat sich nach Auskunft des Unternehmens seither nicht geändert. Hedge-Fonds, die auf Trends setzen, seien nicht die Vehikel, „in die wir investieren wollen“, sagte Zimmerer. „Sie erhöhen nur die Volatilität der Märkte, und das spüren wir dann bei den übrigen 99 Prozent unserer Kapitalanlagen sehr schmerzlich.“ Geeigneter seien seiner Meinung da schon Hedge-Fonds, die auf Stock-Picking setzen oder Marktanomalien ausnutzen.
Allerdings hätte die Allianz auch an diesen Fonds 2004 wenig Freude gehabt – die Erträge waren einfach zu gering, um das erhöhte Risiko zu rechtfertigen. Einige Gesellschaften sind bei Hedge-Fonds vorgeprescht. Zu ihnen gehörte die Gothaer-Gruppe, die für ihre Pionierrolle bei alternativen Investments bekannt ist. Im Jahr 2003 waren von den Kapitalanlagen in Höhe von 19 Mrd. Euro rund 700 Mio. Euro in Hedge-Fonds angelegt, insgesamt in 45 Engagements. Ein weiterer Ausbau sei nicht geplant, sagte ein Sprecher.
Gleichzeitig unterliegen die Investitionen engen Aufsichtsregeln. In ihrem Rundschreiben 07/2004 erlaubt die Finanzaufsicht BaFin den Versicherern zwar ausdrücklich, in Hedge-Fonds und strukturierte Produkte zu investieren. Aber gleichzeitig wird die bis dahin geltende Privilegierung von Anlageprodukten mit Kapitalgarantie aufgehoben. Die Versicherer müssen eine intensive Due Diligence bei den Fonds betreiben und nachweisen, dass sie die entsprechende Kapitalkraft haben. Außerdem ist die Branche in der Anlagehöhe in die alternativen Produkte begrenzt.
„Die Vorgaben der Aufsicht sind ein Grund dafür, dass solche Anlagen nur sehr langsam beginnen“, sagt Ulrich Krüger vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Wir werden keinen Boom bei Hedge-Fonds erleben.“ Er schätzt das gegenwärtige Anlagevolumen auf weniger als ein Prozent der Gesamtanlagen der deutschen Assekuranz.
Die Anforderungen der Aufsicht könnten bald noch verschärft werden, wenn, parallel zum Basel-II-Prozess bei den Banken, auch die Versicherer mit Solvency II unter einer EU-weit einheitlichen Beurteilung aller Risiken stehen werden. Für riskantere Kapitalanlagen benötigt ein Versicherer mehr Eigenkapital – und das ist knapp. Zwar rechnen selbst die EU-Experten inzwischen nicht mehr mit der Einführung von Solvency II vor dem Jahr 2010. Aber schon heute entfalten die Regeln Wirkung. Das gilt erst recht für die neuen Bilanzierungsvorschriften unter IFRS. Auch sie wirken auf das Anlageverhalten, denn viele Produkte müssen anders bewertet werden.
Ein weiterer Grund für das zögernde Herangehen der Versicherer sind schlechte Erfahrungen. Auf die Zinskrise der 90er Jahre antworteten sie mit dem raschen Ausbau ihrer Aktienbestände – zu dem Zeitpunkt, als die Börse sich schon der Spitze näherte. Dafür haben sie in der Aktienkrise teuer bezahlt. In diesen Notjahren waren einige Versicherer nicht wählerisch. Da wurden etwa Step-down-Anleihen gekauft, die im ersten Jahr eine hohe Verzinsung bieten und dann jahrelang eine magere. Bekannt wurde der Fall Hannoversche Leben, die mit diesem Mittel die Verzinsung noch einigermaßen akzeptabel halten wollte. Die Wirtschaftsprüfer hielten wenig davon und zwangen die Versicherer, die Belastungen aus den späteren niedrigen Zinsen ebenfalls zu zeigen. Andere Gesellschaften standen mit solchen Anlagen zwar nicht im Rampenlicht – haben aber bis heute mit den negativen Folgen zu kämpfen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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