BaFin stoppte Rettungsplan für die Mannheimer

Die deutsche Versicherungswirtschaft hat 2003 versucht, die angeschlagene Mannheimer-Gruppe mit Hilfe eines umstrittenen Finanzrückversicherungsdeals über 170 Mio. Euro zu retten. Die Lösung hätte die Hauptlast der Erhaltung des Konzerns den Kunden aufgebürdet, zu Gunsten der Aktionäre. Das Geschäft wurde nur durch die Intervention der Finanzaufsicht BaFin verhindert. Das geht aus internen Dokumenten der Mannheimer und der BaFin hervor, die der FTD vorliegen.
Umstrittene Finanzrückversicherungsgeschäfte stehen im Mittelpunkt von Behördenuntersuchungen in den USA, Australien, Irland und anderen europäischen Ländern. Der gescheiterte Mannheimer-Deal zeigt, dass auch die deutsche Branche auf solche Instrumente zurückgreift. Insider glauben, dass bei zahlreichen Unternehmen ähnliche Verträge in den vergangenen Jahren für eine Glättung der Ergebnisse sorgten.
Mannheimer-Chef Hans Schreiber hatte sich an der Börse verspekuliert. Ende 2002 klaffte ein gewaltiges Loch von mehr als 300 Mio. Euro in der Bilanz. Die Versicherungsbranche fürchtete einen Imageschaden durch den möglichen Kollaps der Mannheimer Lebensversicherung und unternahm mindestens zwei Rettungsversuche. Beide scheiterten. Die Mannheimer Leben wurde aufgelöst, ihre Bestände von der Auffanggesellschaft Protektor übernommen. Schreiber musste seinen Hut nehmen, der Rest des Mannheimer-Konzerns gehört jetzt zur österreichischen Uniqa.
Bis Anfang Mai 2003 hatte der selbstbewusste Konzernlenker Schreiber noch geglaubt, die Krise bewältigen zu können. Kern waren zwei Kapitalmaßnahmen, die Schreiber in einem Business-Plan am 2. Mai 2003 formuliert hatte. Vorher hatte er Verhandlungen mit den Aktionären geführt, zu denen die Münchener Rück mit 10 Prozent und die Uniqa mit 13 Prozent gehörten. Auch Rückversicherer standen hinter dem Konzept, nach Branchenangaben unter Führung der Münchener Rück. Die will das auch heute nicht bestätigen. Gleich drei große Wirtschaftsprüfer hatten den Plan gebilligt: KPMG, PWC und B+W Deloitte. Einbezogen war auch Bernd Michaels, damals Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft.
„Der Kapitalbedarf wird durch eine Kapitalerhöhung in Höhe von 110 bis 150 Mio. Euro und durch Ertragszuflüsse aus Rückversicherung in Höhe von 150 bis 170 Euro gedeckt“, heißt es in dem Dokument.
Solche Ertragszuflüsse werden in der Regel als Rückversicherungsprovisionen gebucht – Zahlungen der Rückversicherer an ihre Kunden, die Erstversicherer, zur Beteiligung an den Kosten. Bei dem Mannheimer-Deal sollten der größte Teil der Zuflüsse „Non-cash“ geschehen. Es sollte also kein Bargeld fließen. Stattdessen hätte die Mannheimer Leben in ihrer Bilanz eine Forderung gegen die Rückversicherer bilanziert, die im Laufe der Jahre durch die fälligen Rückversicherungsprämien der Mannheimer abgeschmolzen wäre.
Die Rückversicherer hätten für die Transaktion 3,2 Prozent auf das rückversicherte Deckungskapital erhalten. Der Clou: Diese Prämie wäre aus dem Rohüberschuss des Lebensversicherers gezahlt worden, aus den Mitteln, die zu 90 Prozent den Kunden zustehen.
Deshalb blockierte die BaFin den Vorschlag. Am 12. Mai 2003 traf sich die BaFin-Spitze unter ihrem Präsidenten Jochen Sanio mit Mannheimer-Chef Schreiber, Münchener-Rück-Vorstand Heiner Hasford, Vertretern der Wirtschaftsprüfer und Detlef Bierbaum, Partner bei der Privatbank Sal. Oppenheim. „Der von der MAG (Mannheimer Holding AG) erstellte Sanierungsplan wurde seitens der BaFin abgelehnt, da durch die vorgesehenen Maßnahmen die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt werden“, heißt es im Protokoll der Besprechung. Mittels des Finanzrückversicherungsvertrages werde „die Sanierungshauptlast“ von den Kunden getragen. „Bei dem Finanzrückversicherungsvertrag handelt es sich quasi um ein Darlehen des Rückversicherers, welches aus den gesamten künftigen Überschüssen getilgt werden muss.“
Besonders verärgert zeigte sich Sanio über die Festlegung des Businessplans, dass die Kunden erst ab 2007 „eine kleine Überschussbeteiligung“ erhalten sollten, die Aktionäre dagegen schon ab 2005 „eine angemessene Performance ihres Kapitals“.

Quelle: Financial Times Deutschland

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