Viele Unternehmen kämpfen gegen ein Billig-Image und die Geiz-Mentalität. Der Köln Bonn Airport macht genau damit Geschäfte und steht dazu. „Wir sind der größte Low-Cost-Flughafen in Deutschland“, sagt Michael Garvens, Chef der Flughafen Köln/Bonn GmbH. In nur zweieinhalb Jahren hat Köln den steilen Aufstieg vom eher unbedeutenden Provinzflugplatz geschafft. Nächstes Jahr will die Flughafengesellschaft den Rivalen Düsseldorf überholen und zum drittgrößten Airport in Deutschland werden.
Zu verdanken hat Köln seinen Steilflug den Billigfliegern, allen voran Germanwings und Hapag-Lloyd Express. „Um ehrlich zu sein, wir waren doch damals fast am Ende“, sagt Flughafen-Sprecher Wolfgang Römer. Den neuen Fluglinien sagten manche Experten ein kurzes Leben voraus. Mittlerweile haben sie sich jedoch etabliert. In Köln/Bonn kauften im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der 8,4 Millionen Passagiere ihr Ticket bei einem Billiganbieter. Mit über 40 Prozent ist außerdem der Anteil der Geschäftsreisenden an der Passagierzahl im Vergleich zu anderen Flughäfen hoch.
Für 2005 erwartet Garvens sogar über neun Millionen Passagiere. Das Potenzial sei aber noch größer: Denn im Umkreis von 100 Kilometern leben mehr als 15 Millionen Menschen.
„Die Tatsache, dass sich die traditionellen Linien-Carrier zunehmend aus dem europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr zurückziehen, zeigt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben“, sagt Flughafen-Chef Garvens. Germanwings ist nach dem Logistiker UPS heute größter Einzelkunde des Flughafens.
Allein die Billig-Airlines fliegen derzeit von Köln/Bonn aus 55 Ziele an, bis zum Sommer werden es 67 sein. Garvens Vision geht aber über Europa hinaus: Er möchte Interkontinentalflüge nach Köln holen. Dass es so weit kommt, bezweifelt er nicht, nur beim Zeitplan hält er sich mittlerweile bedeckt. Die hohen Ölpreise sorgten bei den Fluglinien für Zurückhaltung.
Fast jeder fünfte Passagier kommt mit der Bahn zum Köln Bonn Airport. Im letzten Jahr eröffnete direkt unter den Terminals ein neuer Bahnhof, der den Flughafen an das ICE-Netz anbindet. Die meisten Reisenden benutzen allerdings die S-Bahn, die in rund 15 Minuten am Hauptbahnhof ist. „Die ICE-Nutzung ist sicher noch verbesserungsbedürftig. Es fehlen geeignete Rail&Fly-Angebote“, sagt Garvens. Germanwings und Hapag-Lloyd Express verhandeln derzeit mit der Deutschen Bahn, um ihren Passagieren günstigere Tickets anbieten zu können.
Der Trend zum Billigflug bringt nicht nur die etablierte Konkurrenz wie Lufthansa unter Druck, sondern auch die Flughäfen selbst. „Früher hat man an der Abfertigung eines Flugzeugs mehr verdient“, sagt Flughafen-Sprecher Römer. Die Erlöse müssten deshalb vermehrt aus anderen Bereichen kommen: „Es ist nur konsequent, dass man, wenn man auf Low Cost setzt, den Bereich Non-Aviation ausbaut.“ Dazu gehört alles, was nicht direkt mit der Luftfahrt zu tun hat, beispielsweise die Parkhäuser und die Geschäfte in den beiden Terminals. In den letzten beiden Jahren ist der Non-Aviation-Umsatz in Köln/Bonn um über 53 Prozent gestiegen. In diesem Jahr werden neun neue Shops und Gastronomiebetriebe eröffnen.
Mehr als 14 000 Arbeitsplätze in der Region hängen nach einer Studie der Universität Köln vom Flughafen ab. Bei der Flughafengesellschaft direkt gibt es mehr als 1900 Jobs. Der Konrad-Adenauer-Flughafen, wie er offiziell heißt, gehört zu je fast einem Drittel Bund, Land und Stadt Köln. Den Rest teilen sich die Stadt Bonn und zwei angrenzende Kreise. Mit der Bundesregierung streitet sich die Flughafengesellschaft vor Gericht über die Höhe des zu zahlenden Erbbauzinses. Frühestens nächstes Jahr könne es zu einer Einigung kommen, sagt Garvens. „Am liebsten würden wir Grund und Boden kaufen.“
Im letzten Jahr erwirtschaftete der Flughafen ein Plus von 3,5 Mio. Euro. In diesem Jahr wird am Ende wohl nur eine Null stehen, sagt Garvens. Grund dafür sind mögliche Kosten bis zu 5 Mio. Euro, die aus der anstehenden Novellierung des Fluglärmgesetzes entstehen. Dabei sei die Lärmbelastung der Anwohner durch das rasante Wachstum des Flughafens kaum gestiegen: Obwohl sich das Transportvolumen im Frachtgeschäft seit 1996 fast verdoppelt habe, liege die Zahl der Flugbewegungen noch unter dem damaligen Niveau. Auch bei der Passagierluftfahrt sei die Zahl der Flüge deutlich geringer gestiegen als die der Reisenden. Das liege an größeren Maschinen und einer besseren Auslastung.
Quelle: Financial Times Deutschland
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