Gerling-Chef Björn Jansli hat Hoffnungen der deutschen Wirtschaft auf einen Preisrutsch bei Industrieversicherungen gedämpft: „Wir stellen keine Preissenkungen auf breiter Front fest“, sagte der Konzernchef des Industrieversicherers der FTD. Es gebe bestimmt Bewegung im Markt. „Aber es wäre falsch zu sagen, dass die Preise durchgängig fallen“, sagte er.
Die Hoffnungen der deutschen Industrie hatten sich an den hohen Gewinnen ihrer Versicherer für 2004 entzündet. Jansli bezeichnete das als Zufall: „Die hatten wir durch einen außerordentlich günstigen Schadenverlauf.“
Manche Versicherer könnten dies möglicherweise missverstehen. „Das würde ich bedauern“, sagte Jansli. Es gebe tatsächlich einzelne Vertragserneuerungen, bei denen die Preise um 20 bis 30 Prozent gesenkt wurden. „Hier hatten sich Leute darauf versteift, aus bestimmten Gründen ein Risiko unbedingt übernehmen zu wollen“, sagte der 58-Jährige. Auf breiter Front sei das aber nicht festzustellen.
Für Aufsehen hatte in der Branche der Fall Lanxess gesorgt. Bei dem Chemiekonzern verloren Allianz und Gerling gegen die aggressiv auftretende Zurich Financial Services und HDI die Verträge in Feuer und Haftpflicht. „Wir hatten die Möglichkeit, Lanxess zu zeichnen. Wir wollten das nicht, weil wir mit den Konditionen nicht zufrieden waren“, sagte Jansli. Es wurden Angebot abgegeben, „die wir nicht unterstützungswürdig fanden.“ Daraus könne man allerdings keinen marktweiten Trend ableiten. „Die sind aggressiver als wir, aber es ist nicht so, dass sie uns permanent unterbieten“, sagte der Gerling-Chef.
Zwar erwartet er durchaus einen Abschwung mit niedrigeren Preisen. „Aber ich glaube nicht, dass es so starke Ausschläge wie in den letzten Versicherungszyklen geben wird“, sagte Jansli. So habe der Wettbewerber Allianz angekündigt, lieber das Prämienvolumen in der Industrieversicherung um zehn Prozent zu reduzieren, statt niedrige Preise zu akzeptieren. „Das ist heute wirklich anders als früher. Es stellt sich die Frage, ob man als Kapitalgeber Kapital für ein Geschäft gibt, das nicht gewinnbringend ist“, sagte Jansli.
Gerling sieht sich als Nummer zwei im deutschen Industrieversicherungsmarkt nach der Allianz, Kopf an Kopf mit dem HDI. Nach einer schweren Krise, die 2002 begann, hat die Gruppe nach Ansicht Janslis jetzt wieder Tritt gefasst. Die Eigner Rolf Gerling mit 94 Prozent und Aufsichtsratschef Joachim Theye mit sechs Prozent suchen einen Käufer, zumindest für die beiden operativen Gesellschaften Gerling Allgemeine und Gerling Leben. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen haben der US-Finanzinvestor Cerberus sowie die beiden Versicherungsgruppen Talanx/HDI und Zurich Financial Services Interesse gezeigt.
Zu den Namen will sich Jansli nicht äußern. „Es ist die Aufgabe der Presse, zu spekulieren“, sagte er. Einen festen Zeitplan für den Verkauf der Gruppe – etwa bevor Preise und Gewinne in der Industrieversicherung möglicherweise auf breiter Front einbrechen – gebe es nicht. „Wir müssen nicht verkaufen. Deshalb stellt sich auch nicht Frage, bis wann wir verkauft haben müssen“, sagt der Versicherungsmanager. Zu Spekulationen, dass in den nächsten Wochen Einzelheiten zu einem möglichen Angebot von Cerberus veröffentlicht werden, wollte Jansli nichts sagen.
Gerling habe in den vergangenen Jahren auch Fehler gemacht, zum Beispiel durch die berühmte „Roadmap“-Reform des Jansli-Vorgängers Jürgen Zech im Jahr 1998. Damals wurden die Kundenbetreuer nach Sparten aufgeteilt, große Kunden hatten plötzlich mehrere Ansprechpartner – etwa einen für die Feuerversicherung, einen für das Belegschaftsgeschäft in der Lebens- oder Autoversicherung. „Das wurde den Kundenbedürfnissen nicht gerecht“, sagte Jansli. Der Kunde wolle einen einzigen Zugangspunkt zum Unternehmen. „Jetzt haben wir unsere gesamte Struktur zurückgedreht“, sagte er.
Quelle: Financial Times Deutschland
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