Zurich greift im Industriemarkt an

Schweizer Versicherungsgruppe will von Umbauten bei der Konkurrenz profitieren · Interview mit Geoffrey Riddell

Von Herbert Fromme, Berlin Die Zurich-Versicherungsgruppe plant einen massiven Ausbau ihres Marktanteils in der deutschen Industrieversicherung. „Wir wollen einen Anteil, mit dem wir auf dem Markt wahrgenommen werden“, sagte Geoffrey Riddell, Chef des weltweiten Unternehmensbereichs Global Corporate Business. „Es ist sehr schwierig, einen solchen Einfluss mit fünf Prozent auszuüben, es ist eine Herausforderung mit 15 Prozent, mit 50 Prozent ist es natürlich sehr leicht“, sagte Riddell im FTD-Interview. Zur Zeit sieht sich die Versicherungsgruppe, die bisher unter dem Namen Zurich Financial Services auftrat, auf Platz drei in der deutschen Industrieversicherung – nach Allianz und der gerade vereinten Talanx und Gerling.

Riddells Kampfansage trifft die beiden Marktführer mitten in einer für sie heiklen Phase: Die Allianz fusioniert gerade ihr Spezialunternehmen Allianz Global Risks mit der Transport- und Luftfahrttochter Allianz Marine and Aviation. Talanx/HDI und Gerling stehen vor einer gigantischen Integrationsaufgabe, nach dem der Hannoveraner Konzern das Kölner Unternehmen übernommen hat. „Die Erfahrung zeigt, dass Leute, die mit internen Angelegenheiten gut beschäftigt sind, ihre Augen nicht mehr so fokussiert auf das eigentliche Marktspielfeld richten“, sagte Riddell. „Wer das dann tut, hat bessere Chancen.“

Andreas Bruckner, Chef für die Industrieversicherung in Deutschland und Vorstandsmitglied der deutschen Tochter, rechnet für 2005 mit einem Prämienvolumen, das dem Konzern einen Marktanteil von rund 15 Prozent verschafft. Summen wollte er nicht nennen. Marktkreise schätzen das Prämienvolumen der Zurich im Industriegeschäft auf 500 Mio. Euro. Riddell wollte sich nicht festlegen lassen, welchen Marktanteil er anstrebt. „Wir sagen nicht, wir wollen 25 Prozent oder ähnliches erreichen“, sagte er. „Ich hätte gern den Zustand, dass die Finanzchefs deutscher Großkonzerne ihre hausinternen Versicherungsspezialisten fragen: Ist Zurich bei unserem Versicherungsprogramm dabei, und wenn nicht, warum nicht?“

Die Großindustrie profitiert seit Ende 2004 durch fallende Preisen von der zunehmenden Konkurrenz unter den Versicherern. In den vier Jahren davor mussten die Konzerne aber mit kräftigen Preiserhöhungen und vielen Risikoausschlüssen leben, vor allem nach dem Terrorüberfall vom 11. September 2001. Zurich hat von den teilweise gestörten Beziehungen zwischen Kunden und ihren traditionellen Industrieversicherern profitiert. Das Unternehmen, das durch Überexpansion und hohe Kapitalverluste 2001 und 2002 selbst in schwere Bedrängnis gekommen war, hat inzwischen auch wieder eine solide Kapital- und Gewinnbasis.

Riddell schließt Übernahmen von Unternehmen oder Beständen nicht aus. „Wir sind nicht als aggressiver Aufkäufer im Markt. Aber wenn eine gute Gelegenheit kommt, dann greifen wir auch zu“, sagte er. Auch beim Kölner Konkurrenten Gerling hatte Zurich Interesse gezeigt, dann aber doch kein Angebot abgegeben.

Hauptmittel der Expansion sollen neue Methoden der Absicherung sein, unterstützt durch eine Millionen schwere PR-Kampagne, die den Namen Zurich statt Zurich Financial Services wieder in den Vordergrund rückt. Mit so genannten geschichteten (gelayerten) Deckungen holte sich Zurich schon 2003 die Verträge als führender Feuerversicherer bei Siemens und dem eher schadenträchtigen ThyssenKrupp-Konzern. Wettbewerber sprechen gerne von Dumping – Riddell weist den Vorwurf zurück. „Dass die Siemens-Autoflotte mit 20 000 Fahrzeugen von der Allianz zu Gerling ging und nicht zu uns, belegt das“, sagte Bruckner. „Da stimmte der Preis einfach nicht.“ Möglicherweise habe Gerling ja eine neue Methode, die Versicherung von Autoflotten zu einem solchen Preis erfolgreich zu betreiben. „Wir haben diese Methode noch nicht gefunden.“

Wegen der Hurrikans und der nachfolgenden Verteuerung des Rückversicherungsschutzes rechnet Bruckner mit einer Verlangsamung des Preisverfalls. „2005 werden es weniger als zehn Prozent Rückgang sein.“ Mancher Konzern habe wohl eine Ahnung gehabt, was in der Hurrikan-Saison drohe, und seine Verträge für 2006 schon Mitte 2005 abgeschlossen.

Zitat:

„Wir wollen einen Anteil, mit dem wir wahrgenommen werden“ – Geoffrey Riddell –

Bild(er):

Der Brite Geoffrey Riddell leitet als Mitglied des Group Executive Committee des Zurich-Konzerns das Industriegeschäft. Bevor er 2000 zur Zurich kam, war er 18 Jahre lang Manager bei AIG

www.ftd.de/Zurich

Quelle: Financial Times Deutschland

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