Kreditversicherer fürchten instabile Autohersteller · Kritik an Mehrwertsteuererhöhung
Von Herbert Fromme, Köln Die deutschen Kreditversicherer werden vorsichtiger bei der Versicherung von Lieferungen an Automobilhersteller und Zulieferer in den USA. „Dinge werden gedeckt, aber nicht mehr so großzügig wie das früher der Fall war“, sagte gestern Peter Ingenlath. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und Deutschlandchef des Branchenzweiten Atradius. In jedem Fall müssten sich Kunden auf höhere Preise einstellen, wenn sie solche Lieferungen versichern wollen, sagte Ingenlath.
Die Branche deckt ihre Versicherten gegen Forderungsausfälle ab. Wenn ein US-Autohersteller insolvent würde, müssten zahlreiche Lieferanten mit hohen Ausfällen rechnen. Die werden größtenteils durch die Kreditversicherer ausgeglichen, sofern eine Police bestand und die Kreditversicherer der Lieferung vorher zugestimmt hatten.
Aufgeschreckt wurde die Branche durch die Pleite des US-Zulieferers Delphi und die Schieflage des US-Autobauers General Motors.
„Falls sich ein Großschaden, wie wir ihn in diesem Jahr mit Walter-Bau hatten, 2006 nicht wiederholt, erwarten wir keinen größeren Anstieg der Schadenquote“, sagte Ingenlath. „Allerdings wird diese Voraussage erstens durch die instabile Lage insbesondere im amerikanischen Automobilsektor und zweitens durch den deutlich zunehmenden Wettbewerb eingeschränkt.“
Die Sparte ist zur Zeit hoch lukrativ. Die wenigen hier aktiven Unternehmen liefern sich deshalb eine heftige Konkurrenzschlacht, die zu einem deutlichen Preisabrieb führt. Marktführer ist die Allianz-Tochter Euler-Hermes, ebenfalls aktiv sind Atradius, Allgemeine Kredit Coface, R+V, Zurich, VHV und Versicherungskammer Bayern.
Trotz der Konkurrenz steigerten die Unternehmen ihre Prämieneinnahmen in Deutschland 2005 um sechs Prozent auf 1,4 Mrd.Euro, weil sie das gedeckte Volumen und die Kundenzahl erhöhten. Für 2006 rechnet Ingenlath mit einer ähnlichen Entwicklung
Die Versicherer gaben 2005 etwa 91 Prozent der Beiträge für Schäden und Kosten aus – eine deutliche Steigerung gegenüber 2004, als es 83,7 Prozent waren. Hauptgrund ist die Pleite von Walter-Bau. Die Branche hat dafür rund 300 Mio. Euro zurückgestellt. „Der tatsächliche Schaden kann sich im Laufe der Abwicklung aber noch deutlich reduzieren“, sagte Ingenlath.
Die Kreditversicherer halten die für 2007 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer für ein „hohes Risiko“. „Sie wird ohnehin darbende Branchen wie Dienstleistungen und Handel voll treffen“, prognostizierte Ingenlath. Deshalb befürchten die Unternehmen steigende Insolvenzzahlen als Folge der Steuererhöhung.
„Dabei sind zur Zeit Voraussetzungen für eine Trendumkehr vorhanden“, sagte Ingenlath. Die Zahl der Insolvenzen habe sich stabilisiert, wenn auch auf hohem Niveau. Für 2005 rechnet die Branche mit rund 39 000 Insolvenzen, 2004 waren es 39 213 und im Jahr davor noch 39 320.
Ein Grund für die größere Stabilität der Unternehmen sei ihre bessere Eigenkapitalausstattung, sagte Ingenlath. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote schätzen die Kreditversicherer für 2005 auf 28 Prozent des Umsatzes – und damit mehr als doppelt so hoch wie 1999, als sie nur 13 Prozent betrug. „Wir erwarten daher, dass der Rückgang der Insolvenzquote 2006 anhält“, sagte Ingenlath.
Quelle: Financial Times Deutschland
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