Neugeschäft ist 2005 um fast 50 Prozent eingebrochen · Branche leidet unter Wegfall der Steuerfreiheit
Von Herbert Fromme, Köln Das Neugeschäft der deutschen Lebensversicherer ist 2005 deutlich schlechter verlaufen als erwartet. Laut eines Rundschreibens des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an seine Mitglieder ging das Neugeschäft mit laufender Beitragszahlung um 49,6 Prozent auf 5,74 Mrd. Euro Beitragssumme zurück. Auch der Vergleich zum Jahr 2003 ist katastrophal – hier beträgt der Rückgang 28,7 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich auf die jährlichen Beitragszahlungen, zu denen sich Kunden verpflichtet haben.
Die Branche hatte zwar mit einem Rückgang gerechnet, weil sie Ende 2004 einen Schlussverkaufsboom erlebt hatte. Zum Januar 2005 war die steuerliche Förderung für die Kapitallebensversicherung größtenteils weggefallen. Die gestern bekannt gewordenen Zahlen des GDV für das abgelaufene Jahr sind allerdings noch viel schlechter als prognostiziert. Sie legen nahe, dass die Branche in einer tiefen Absatzkrise steckt und ihre Geschäftsmodelle überprüfen muss.
Zwar erzielte die Branche einen Zuwachs von 19,7 Prozent auf 8,9 Mrd. Euro bei Neuverträgen gegen Einmalbeitrag. Doch für die Masse der Gesellschaften täuscht dieser positive Trend. Hinter dem vermeintlichen Erfolg verbirgt sich in erster Linie die Übertragung der Pensionslasten von Industrieunternehmen auf wenige Lebensversicherer. Allein die Allianz Leben dürfte 2005 aus solchen Geschäften auf fast 2 Mrd. Euro Einmalbeitrag gekommen sein, hieß es gestern in Branchenkreisen.
Die deutschen Lebensversicherer haben 93,3 Millionen Verträge mit Kunden und verwalten rund 650 Mrd. Euro. Der Einbruch im Neugeschäft zwingt sie, nach neuen Wegen bei Angeboten und Absatzmethoden zu suchen.
Branchenvertreter betonen gerne den Erfolg der Riester-Rente im Jahr 2005. Die Versicherer verkauften 1,1 Millionen solcher Verträge, ein Plus von 280 Prozent. Das kann aber den Einbruch im übrigen Geschäft nicht ausgleichen. Insgesamt ging die Zahl der abgesetzten Lebensversicherungsverträge von 12,8 Millionen im Jahr 2004 auf 7,33 Millionen 2005 zurück – einschließlich Riester-Policen.
Der Rückgang trifft die Unternehmen unterschiedlich und wird bei schwächeren Marktteilnehmern den Druck zu Fusionen verstärken. „Manche Gesellschaften haben sich 2005 gut geschlagen, andere deutlich schlechter. Aber sie sprechen dann ungern darüber“, sagte Reiner Will, Chef der Kölner Rating-Agentur Assekurata. Einige Versicherer hätten sehr spät begonnen, sich auf die Veränderungen durch die Steuerreform einzurichten.
Zwar gebe es langfristig mehr Bedarf an Vorsorge, sagte Will. Die Lebensversicherer müssten aber die Komplexität ihrer Verträge reduzieren. „Was genau verzinst wird, was garantiert ist und was nicht, das ist heute für den Kunden sehr undurchsichtig.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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